Angeklagter Priester: "Habe immer Schwierigkeiten mit dem Zölibat gehabt!"
25.09.24 - Prozessauftakt im Landgericht Fulda: Unter großem medialen Interesse begann am Dienstag die Verhandlung gegen den ehemaligen Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde in Kalbach (Kreis Fulda). Allein die Verlesung der Anklageschrift mit 71 Einzeltaten nahm geraume Zeit in Anspruch. Der 42-Jährige hatte sich im Zeitraum von zwei Jahren im Darknet kinder- und jugendpornografische Fotos und Videodateien heruntergeladen und diese gespeichert. Dieses verbotene Material hatte er dann in über 60 Fällen seinen kindlichen und jugendlichen Chatpartnern auf einer mittlerweile verbotenen Internetplattform gezeigt und sie zu sexuellen Handlungen an sich aufgefordert, die er auch selbst an sich vornahm.
Nachdem eine US-amerikanische Organisation namens "National Center for Missing & Exploited Children" (NCMEC) die deutschen Behörden auf diese Dateien aufmerksam gemacht hatte, erfolgte im Sommer vor zwei Jahren eine Durchsuchung im Kalbacher Pfarrhaus. Die dort beschlagnahmten Speichermedien des Pfarrers hatten den Verdacht begründet und führten schließlich zur Anklage. Da sich der 42-Jährige bei den folgenden Vernehmungen geständig zeigte und die ihm vorgeworfenen Taten vollumfänglich eingeräumt hatte, kam er nicht in Untersuchungshaft, sondern blieb bis zur Verhandlung auf freiem Fuß. Das Bistum Fulda hatte ihn umgehend außer Dienst gestellt und schließlich suspendiert.
"Schon früh den Wunsch gehabt, Priester zu werden"
Hinweis auf den Chatroom aus einem Beichtgespräch erfahren
Den Ausschlag für seine erste Internetrecherche nach einschlägigen kinderpornografischen Inhalten habe ein Beichtgespräch gegeben, bei dem der später aufgesuchte Chatroom erwähnt worden sei. Vor allem während der Corona-Pandemie sei er in seiner Pfarrei mit Verwaltungsaufgaben überlastet gewesen und habe sich von seinen Vorgesetzten nicht wertgeschätzt, isoliert und gelangweilt gefühlt. "Ich war müde und ausgebrannt und habe versucht, mich auf diese Weise abzulenken", gestand er vor Gericht. Zu seiner Schande müsse er sagen, dass er wenig über die Konsequenzen seines Tuns nachgedacht habe. Es tue ihm aufrichtig leid, dass er Leid über die betroffenen Kinder und Jugendlichen gebracht habe.
Nach seiner Suspendierung habe er ein selbstfinanzierte Therapie begonnen. Seine Familie habe sich nach Bekanntwerden der Vorwürfe von ihm abgewandt. In seinem Beruf als Elektroniker habe er den Anschluss verloren. "Ich weiß nicht, was ich jetzt mit meinem Leben anfangen soll", ließ der Angeklagte verlesen.
Der Vorsitzende Richter Joachim Becker kündigte an, dass die Öffentlichkeit bei den nächsten Verhandlungstagen ausgeschlossen werde, weil dann die verbotenen Dateien begutachtet würden. Es sind weitere zehn Prozesstage bis Ende Oktober anberaumt worden. (ci) +++