FULDA "Ich habe nicht richtig nachgedacht!"

Angeklagter Priester: "Habe immer Schwierigkeiten mit dem Zölibat gehabt!"

25.09.24 - Prozessauftakt im Landgericht Fulda: Unter großem medialen Interesse begann am Dienstag die Verhandlung gegen den ehemaligen Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde in Kalbach (Kreis Fulda). Allein die Verlesung der Anklageschrift mit 71 Einzeltaten nahm geraume Zeit in Anspruch. Der 42-Jährige hatte sich im Zeitraum von zwei Jahren im Darknet kinder- und jugendpornografische Fotos und Videodateien heruntergeladen und diese gespeichert. Dieses verbotene Material hatte er dann in über 60 Fällen seinen kindlichen und jugendlichen Chatpartnern auf einer mittlerweile verbotenen Internetplattform gezeigt und sie zu sexuellen Handlungen an sich aufgefordert, die er auch selbst an sich vornahm.

Der Angeklagte vor der Verhandlung Fotos: Henrik Schmitt

Großes Medieninteresse

Dr. Benjamin Krause von der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main im O|N-Interview ...

Eine Anwohnerin aus Kalbach

Nachdem eine US-amerikanische Organisation namens "National Center for Missing & Exploited Children" (NCMEC) die deutschen Behörden auf diese Dateien aufmerksam gemacht hatte, erfolgte im Sommer vor zwei Jahren eine Durchsuchung im Kalbacher Pfarrhaus. Die dort beschlagnahmten Speichermedien des Pfarrers hatten den Verdacht begründet und führten schließlich zur Anklage. Da sich der 42-Jährige bei den folgenden Vernehmungen geständig zeigte und die ihm vorgeworfenen Taten vollumfänglich eingeräumt hatte, kam er nicht in Untersuchungshaft, sondern blieb bis zur Verhandlung auf freiem Fuß. Das Bistum Fulda hatte ihn umgehend außer Dienst gestellt und schließlich suspendiert.

Der Sprecher des Landgerichts, Richter Dominik Dute

"Schon früh den Wunsch gehabt, Priester zu werden"

Der Angeklagte zeigte sich vor Gericht bereit, über seine Person und die Beweggründe seiner Taten Auskunft zu geben. Er ließ seinen Anwalt eine von ihm aufgesetzte Erklärung verlesen, nachdem er zunächst darüber geklagt hatte, dass man seinen vollständigen Namen leicht im Internet finden könne. Er sei in einem kleinen Dorf mit drei jüngeren Schwestern in einem katholisch geprägten Umfeld aufgewachsen. Den Glauben habe er immer als wohltuend und sinnstiftend erlebt. Schon früh wurde er Messdiener, bildete später selbst Messdiener aus und leitete einen Chor. Nachdem er seinen Wehrdienst bei der Bundeswehr abgeleistet habe, machte er eine dreijährige Ausbildung zum Elektroniker, obwohl er schon damals eigentlich Priester werden wollte. "Doch ich hatte Schwierigkeiten mit dem Zölibat, weil ich mich immer zu Frauen hingezogen fühlte." Als er ins Priesterseminar eintrat, habe er eine Freundin gehabt und die Beziehung mit ihr auch während seines Studiums fortgesetzt. Selbst, nachdem er im Fuldaer Dom zum Priester geweiht worden war und schließlich die Pfarrstelle in Kalbach übernommen hatte, habe er sich an seinem freien Tag weiter mit seiner Freundin getroffen.

Staatsanwältin Isabelle Schad von der Generalstaatsanwaltschaft, Frankfurt/M. ...

Verteidiger Rechtsanwalt Axel Dohmann aus Kassel

Hinweis auf den Chatroom aus einem Beichtgespräch erfahren

Den Ausschlag für seine erste Internetrecherche nach einschlägigen kinderpornografischen Inhalten habe ein Beichtgespräch gegeben, bei dem der später aufgesuchte Chatroom erwähnt worden sei. Vor allem während der Corona-Pandemie sei er in seiner Pfarrei mit Verwaltungsaufgaben überlastet gewesen und habe sich von seinen Vorgesetzten nicht wertgeschätzt, isoliert und gelangweilt gefühlt. "Ich war müde und ausgebrannt und habe versucht, mich auf diese Weise abzulenken", gestand er vor Gericht. Zu seiner Schande müsse er sagen, dass er wenig über die Konsequenzen seines Tuns nachgedacht habe. Es tue ihm aufrichtig leid, dass er Leid über die betroffenen Kinder und Jugendlichen gebracht habe.

Nach seiner Suspendierung habe er ein selbstfinanzierte Therapie begonnen. Seine Familie habe sich nach Bekanntwerden der Vorwürfe von ihm abgewandt. In seinem Beruf als Elektroniker habe er den Anschluss verloren. "Ich weiß nicht, was ich jetzt mit meinem Leben anfangen soll", ließ der Angeklagte verlesen.

Richter Joachim Becker

Der Vorsitzende Richter Joachim Becker kündigte an, dass die Öffentlichkeit bei den nächsten Verhandlungstagen ausgeschlossen werde, weil dann die verbotenen Dateien begutachtet würden. Es sind weitere zehn Prozesstage bis Ende Oktober anberaumt worden. (ci) +++

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