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Überraschung beim Prozessauftakt: Angeklagter bestreitet den Tatvorwurf
10.01.24 - Bei der Prozesseröffnung im Fall des im April letzten Jahres am Fuldaer Aschenberg erschossenen 38-Jährigen sorgte die Aussage des Verteidigers am Dienstag für Überraschung: Sein Mandant bestreite, das ebenfalls 38-jährige Opfer mit fünf Schüssen getötet zu haben. Den Totschlagsvorwurf der Anklage bezeichnete Rechtsanwalt Christian Celsen als Arbeitshypothese, denn es hätten sich zur Tatzeit zwei weitere Tatverdächtige vor Ort befunden. Auch sie hätten jeder ein mögliches Tatmotiv gehabt und ebenfalls Schmauchspuren aufgewiesen wie der Angeklagte.
Obwohl die Polizei den jetzt Angeklagten noch am Abend des Tattages festgenommen hatte, stellten sich die anschließenden Ermittlungen zum Tathergang offenbar als komplex heraus. Die Akte umfasse mehrere tausend Seiten, das Geschehen habe sich "in schwierigem, von Alkohol geprägten Milieu abgespielt", so der Verteidiger. Der Angeklagte habe angeblich vor Dritten damit geprahlt, seinen Bekannten nach einem heftigen Streit erschossen zu haben. Doch auch die beiden anderen Verdächtigen hatten Täterwissen offenbart und in der Wohnung seien Patronen aus der Tatwaffe sichergestellt worden.
Diese beiden Männer hätten zwar ihre Anwesenheit am Tatort bestritten, doch es sei nicht nachvollziehbar, warum sein Mandant jetzt allein auf der Anklagebank sitze, hatte Rechtsanwalt Celsen argumentiert. "Die Frage, ob es hier um Täterschaft, Mittäterschaft oder Beihilfe geht, muss im Beweisverfahren erst geklärt werden." Die Staatsanwaltschaft hatte das Ermittlungsverfahren gegen die anderen Tatverdächtigen aber abgetrennt. Der Verteidiger beantragte deshalb Akteneinsicht.
Bei der Abfrage der Personalien des 38-Jährigen, dem eine russisch sprechende Dolmetscherin zur Seite gestellt war, gab dieser zwar Lettland als Geburtsort an, die Antwort auf die Frage nach seiner Staatsangehörigkeit verweigerte er aber. "Dazu machen wir keine Angaben", erklärte sein Anwalt.
Staatsanwalt Andreas Hellmich, der den 38-Jährigen wegen Totschlags angeklagt hatte, sieht einen hinreichenden Tatverdacht gegen den Angeklagten als erwiesen an. Deshalb habe das Gericht entschieden, dass der 38-Jährige weiter in Untersuchungshaft bleiben müsse. Es wird ein langwieriges Verfahren, 18 Verhandlungstage sind terminiert, das Urteil wird voraussichtlich Ende März erfolgen. (ci) +++