Im Strafverfahren wurde nun das Urteil verkündet. - Fotos: Henrik Schmitt

FULDA "Lassen Sie Ihre Mutter nicht mehr weinen!"

Durch Indizien überführt: 38-jähriger wegen Totschlags zu 12 Jahren verurteilt

22.03.24 - Im Strafverfahren gegen einen mittlerweile 38-jährigen Angeklagten wegen des Verdachts des Totschlags an einem gleichfalls 38-jährigen Mann im April 2023 in Fulda (sogenannter "Aschenberg-Prozess") wurde das Urteil am Donnerstag von der Ersten Strafkammer des Landgerichts verkündet: Schuldig des Totschlags und des unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe. Für den 38-jährigen Verurteilten bedeutet dies zwölf Jahre Haft. 

Rechts Verteidiger Christian Ceslen

Der 38-Jährige wurde noch am Tattag festgenommen

Was sich tatsächlich in der Tatnacht zwischen dem 11. und 12. April letzten Jahres im kleinen Park zwischen den Hochhäusern in der Adenauer Straße 4 und 6 abgespielt hat, konnte das Gericht nicht mit letzter Sicherheit klären. Doch die Tatsache, dass der Angeklagte es war, der die Pistole auf seinen Bekannten und Kontrahenten richtete und ihn damit aus nächster Nähe in Brust, Oberschenkel und Gesäß schoss, steht anhand von Indizien und Zeugenaussagen unzweifelhaft fest. Der Angeklagte selbst hatte zunächst im Gericht geschwiegen und die Tat schließlich vehement bestritten. Der heutigen Urteilsverkündung folgte er äußerlich ungerührt. Halb in seinem Stuhl liegend schien er einer ihn nicht betreffenden Veranstaltung zu folgen. 

Schon in Lettland verurteilt

Richter Josef Richter resümierte zunächst dessen Werdegang. In Lettland geboren und aufgewachsen, erlernte er den Beruf eines Tischlers, heiratete und bekam eine Tochter. Dort wurde er bereits wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz zu fünf Jahren Haft und auch wegen einer Fahrt unter Alkohol und Drogen verurteilt. 2021 kam er nach Deutschland und wurde auch hier straffällig: wegen schwerem Diebstahl wurde er zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. 

O|N-Archivbilder

Eine wichtige Rolle in diesem Prozess spielte eine frühere Lebensgefährtin des Angeklagten, mit der er eine On-off-Beziehung führte. Nachdem er sie in einer Auseinandersetzung geschlagen hatte, trennte sie sich von ihm, hatte aber laut eigener Aussage auch später noch Gefühle für ihn und hielt ihn "eigentlich für einen guten Kerl".

Durch die umfangreiche Beweisaufnahme hatte sich ergeben, dass der 38-Jährige mit seinem späteren Opfer in der Tatnacht alkoholisiert in der Wohnung eines Freundes am Aschenberg in Streit geraten war. Weil der eskalierte, musste der 38-Jährige die Wohnung schließlich ohne Jacke und Schuhe verlassen und lief notgedrungen barfuß vom Aschenberg bis zum Osthessencenter. Dadurch in seinem Stolz verletzt und gedemütigt, fasste er einen Tötungsvorsatz, holte eine Pistole aus der Abstellkammer in der Heinrichstraße und lief wieder bis zur Adenauerstraße zurück.

Aussage der Exfreundin überführte ihn

Unklar ist, wie es ihm gelang, sein späteres Opfer aus der Wohnung zu locken. Dort zwischen den Hochhäusern feuerte er dann fünf Schüsse auf ihn ab, so dass das Opfer kurz danach verblutete. Der Schütze wurde noch am selben Nachmittag am Emaillierwerk von der Polizei festgenommen. Wesentlich dazu beigetragen hatte die Aussage seiner Exfreundin, der gegenüber er die Tat detailliert geschildert hatte. Sie hatte dem aber zunächst keinen Glauben geschenkt, erst als sie kurz darauf in OSTHESSEN|NEWS las, dass ein Toter am Aschenberg gefunden wurde, informierte sie die Polizei.

Ihre Aussage bewertete Richter Josef Richter als durchgängig glaubwürdig. Sie habe sich und ihre Kinder damit durchaus als Belastungszeugin in Gefahr begeben, einen Grund für eine Falschaussage gebe es nicht. Sowohl bei der Polizei als auch vor Gericht habe sie plausibel und nachvollziehbar ausgesagt und damit zur Überführung des Täters entscheidend beigetragen. Auch die Protokolle des Chatverlaufs des 38-Jährigen, seine Fluchtpläne und deutliche Schmauchspuren an dessen Händen und Kleidung, belegten seine Täterschaft, befand das Gericht.

Trotz seiner Abhängigkeit und Alkoholisierung von 1,95 Promille nach der Tat gilt der 38-Jährige als voll schuldfähig. Weil das genaue Tatgeschehen im Dunkeln liegt, konnte das Gericht kein Mordmerkmal feststellen.

Wie stets richtete Richter Richter am Ende der Urteilsverkündung ernste Worte an den Verurteilten. "Ich weiß nicht, wie Sie Ihr bisheriges Leben beurteilen, das müssen Sie selber wissen", sagt er. Und weil der 38-Jährige in einem Brief an seine Mutter geschrieben hatte 'Mutti, flenne nicht!', appellierte der Richter eindringlich: "Geben Sie Ihrer Mutter in Zukunft keinen Grund mehr zu weinen!"

Verteidiger Christian Celsen kündigte direkt nach der Verhandlung an, gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen zu wollen. (Carla Ihle-Becker)+++

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