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Geheimnisvolles Kulturdenkmal: die sagenumwobene Gießlingskirche im Seulingswald. - Fotos: Gerhard Manns

REGION Serie: Faszination Mythen und Sagen

"O Ewigkeit, du Donnerwort": Der Leichenzug bei der Gießlingskirche

Mythen und Sagen haben bis heute nichts von ihrer Faszination verloren. Fast alle Völker der Erde haben ihre eigenen Geschichten, in denen sich die Struktur und die Werte der damaligen Zeit widerspiegeln. Naturgewalten oder Ereignisse, die für die Menschen aus früheren Zeiten unheimlich und unerklärbar waren, wurden so in eine nachvollziehbare Form gegossen und von Generation zu Generation mündlich weitergegeben. Das Wissen über diese Sagen verbleibt bis heute meistens in dem Ort, in dem sie entstanden. Gerade die dunklen Wintermonate eignen sich hervorragend, um sich ein wenig zu gruseln und in die Welt der regionalen Mythen einzutauchen. Mit dieser Serie möchte OSTHESSEN|NEWS die schönsten Sagen Osthessens vorstellen. +++

25.11.19 - Sie zählt zu den geheimnisvollsten Kulturdenkmälern im Landkreis Hersfeld-Rotenburg: die sagenumwobene Gießlingskirche im Seulingswald. Älter als 700 Jahre ist die Ruine, die das letzte sichtbare Zeichen der einstigen Siedlung Gosselndorf ist. Von der Autobahn 4 gut zu sehen ist der wuchtige Stumpf des Kirchturms, der auf einer Wiese am Waldrand zwischen Bad Hersfeld und Friedewald steht. Stumm grüßt das uralte Bauwerk die Auto- und Brummifahrer, die tagtäglich achtlos an ihr vorbeidonnern.

Manchmal, so wird gemunkelt, könne man von der benachbarten Autobahn einen Lichtschein, ein flüchtiges Flackern erspähen. „Es scheint, als würde die Ruine aus sich selbst heraus leuchten“, sagt ein Zeuge des wundersamen Spektakels. Hat er etwa den Leichenzug gesehen? Den Leichenzug, den dunnemals zwei Bauern erblickten, die in aller Herrgottsfrühe ihre Wiesen nahe der Gießlingskirche mähen wollten und sich gewaltig in der Uhrzeit irrten?!

Nicht – wie geplant – im Morgengrauen, sondern vor der Geisterstunde sind die Ackersmänner aufgebrochen, um ihr Werk zu verrichten. Es ist eine überaus helle Sommernacht… Kaum, dass sie an ihrer Arbeitsstätte in der Einöde eingetrudelt sind, gefriert den beiden das Blut in den Adern. Ein flackernder Lichtschein dringt aus der Ruine, gefolgt von lautem Orgelspiel. Raue Männerstimmen singen den Choral „O Ewigkeit, du Donnerwort“.

Plötzlich bahnt sich ein Leichenzug seinen Weg aus dem schützenden Mauerresten. Blankes Entsetzen ergreift die Bauern. Mit weitaufgerissen Augen beobachten sie, wie ein Toter auf einer Bahre getragen wird und sich dahinter stattliche Männergestalten einreihen, die ihre eigenen Köpfe unter dem Arm tragen.

Panisch ergreifen die beiden unfreiwilligen Zeugen die Flucht. Schaudernd hetzen sie über Stock und Stein, überspringen auswuchernde Wurzeln. „Das Grauen: nur heim, nur heim“, ist der einzige Gedanke, den sie fassen können. Angekommen am Waldrand, es ist nicht mehr weit ins Heimatdorf, hören sie, wie der Nachtwächter die erste Stunde nach Mitternacht verkündet. (Frei nach Wilhelm Neuhaus von Stefanie Harth) +++

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