Esad Hodzic ist auf den Tag genau 30 Jahre bei Goodyear in Fulda. Das Werk schließt in wenigen Tagen - damit endet eine Ära. - Fotos: Rene Kunze

FULDA "Es war mein Jackpot"

Goodyear-Werk macht dicht: Esad Hodzic (49) blickt auf drei Jahrzehnte zurück

25.09.25 - Noch laufen die Maschinen, doch das Ende einer Ära naht. Das traditionsreiche Goodyear-Werk Fulda in der Künzeller Straße steht vor dem Aus. Vor genau 30 Jahren, am 25. September 1995, begann Esad Hodzic aus Eichenzell (Kreis Fulda) seine Arbeit beim Reifenhersteller. Neben Wehmut, schwingt auch Dankbarkeit mit – über die Chance, ein Teil dieses Unternehmens gewesen zu sein. Gegenüber OSTHESSEN|NEWS sagt er: "Die Schließung ist sehr schade. Ich konnte in den drei Jahrzehnten viele wertvolle Erfahrungen sammeln, und Freundschaften sind entstanden. Das gute Miteinander war wirklich etwas Besonderes."

Rückblick: Die Hiobsbotschaft im November 2023 (O|N berichtete mehrfach) erschütterte die osthessische Region. 1.050 Stellen sollen gestrichen werden. Diese drastische Maßnahme löste lautstarke Proteste seitens der Politik und der Gewerkschaften aus. Neben Fulda bleibt auch der Standort im brandenburgischen Fürstenwalde nicht verschont. Dort läuft die Produktion Ende 2027 aus.

Die Botschaft bei den Protesten war ganz klar: "Die Gummi gehört zu Fulda." ...Archivfotos (3): O|N/Nina Seikel

Viele Menschen setzten ein Zeichen gegen die Schließung.

Unter anderem protestierten Politik und Gewerkschaft.

Standortschließung: "Wir konnten es nicht glauben"

Blick auf das Werksgelände.

Der 49-Jährige konnte viele Erfahrungen in dem Unternehmen sammeln.

Der Traditionsstandort besteht schon seit über 125 Jahren.

Auch Hodzic traf die Nachricht hart: "Es war für uns damals ein Riesenschock, wir konnten es erst gar nicht glauben", erinnert sich der 49-Jährige. "Aber es ist jetzt nun mal nicht mehr zu ändern, die Entscheidung ist gefallen. Hier wurden so viele Menschen beschäftigt – Goodyear war einfach ein Gigant."

Die Produktion des Reifenherstellers ist hier an dem Standort in Fulda Geschichte. ...

Dabei fand der damals 19-Jährige in Deutschland eine neue Perspektive. "In Bosnien-Herzegowina herrschte noch Krieg. Ich habe hier einen festen Job gefunden – das war für mich der Jackpot", so der langjährige Mitarbeiter heute. "In den Jahren habe ich in einigen Abteilungen gearbeitet – ich war Reifenbauer, Stapelfahrer, und habe die Jungs ausgebildet. Wir haben hart gearbeitet, gutes Geld verdient und unsere Familien ernährt. Ich kann mich wirklich nicht beschweren."

Im O|N-Interview blickt er auf seine Zeit bei der "Gummi" zurück.
Das Werk befindet sich in der Künzeller Straße - und ist eigentlich aus dem Stadtbild ...
Am 30. September ist Schluss - Zukunft des "Gummi"-Areals unklar

Was aus dem riesigen Areal der "Gummi" wird, ist bislang ungewiss. Stephan Ester von der Goodyear-Pressestelle teilt auf O|N-Nachfrage mit: "Zum jetzigen Zeitpunkt können wir keine Aussagen zur Zukunft des Werksgeländes machen, da die Gespräche hierzu andauern." Fest steht: Die Produktion soll zum 30. September eingestellt werden. Ester weiter: "Im Oktober wird mit der Demontage der Produktionsanlagen begonnen. Diese Arbeiten werden voraussichtlich bis Ende März 2026 abgeschlossen sein."

Der langjährige Mitarbeiter blickt trotzdem zuversichtlich in die Zukunft. ...
Foto: Marvin Myketin
Die Zeichen stehen auf Abschied

Die Stimmung in der Belegschaft ist bedrückt, weiß Hodzic. Er persönlich wagt den Schritt in die Selbstständigkeit. "Wir sind natürlich alle traurig. Wir haben jeden Tag zusammengearbeitet – das schweißt zusammen. Deshalb werden wir uns mit den Jungs aus der Abteilung nochmal zum Abschied treffen und auf die gemeinsame Zeit anstoßen. Es soll aber definitiv nicht das letzte Treffen sein, das steht fest!"

Nach 125 Jahren geht ein Stück Fuldaer Industriegeschichte zu Ende – ein bedeutender Arbeitgeber und zugleich wirtschaftlicher Motor für die Region fällt weg. Kein Einzelfall in unserer heutigen Zeit. (Maria Franco) +++