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Jochen Wieloch blickt durch... - Fotos & Grafik: Nicole Wagner

REGION WIELOCHS WIRRE WELT (19)

Ausbau Fulda-Frankfurt – Alles Bahnane, oder was?

21.03.14 - Wenn zwei sich öffentlich streiten, ist einer meistens der Dumme: der Bürger, der im Unklaren bleibt und nur Bahnhof versteht. Es geht aber auch anders, wie die vergangenen Tage gezeigt haben. Stichwort: der Ausbau der Bahnstrecke Fulda – Frankfurt. Ein Paradebeispiel für Klarheit, Offenheit und Transparenz gegenüber der Bevölkerung. Der Künzeller Bahn-Experte und Gewerkschafter Hubert Heil erklärte: „Er kommt nicht." Die Deutsche Bahn betonte: „Das Projekt läuft." Ja wie jetzt? Wer hat denn nun Recht? Ganz einfach: Natürlich jeder.

Wenn einer die Wahrheit kennen kann, oder noch besser – kennen muss – dann Hubert Heil, der Pionier der motorisierten Schienenbeförderung, der Erfinder des Rades und der Entdecker des Eisens mit der Ordnungszahl 26 im Periodensystem der Elemente. Der Bahn-Spezialist war schließlich am 7. Dezember 1835 dabei, als mit dem legendären Adler die erste Dampflok von Nürnberg nach Fürth stampfte. Allein diese Tatsache würde Heil 179 Jahre später dazu prädestinieren, in Eigenregie über die Zukunft der Bahnverbindung zwischen der Barockstadt und der Mainmetropole zu entscheiden. Doch der Künzeller setzte noch einen drauf. In Bahnerkreisen unsterblich wurde der Gleis-Guru spätestens 1961, als er für die Schwarz-Weiß-Produktion (daher sein Spitzname „Schwarzer Hubert") der Inszenierung „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer" der Augsburger Puppenkiste die Fäden auf der Insel Lummerland in der Hand hielt. Seitdem gilt für die 300.000 Mitarbeiter der Deutschen Bahn die strikte Vorgabe: Wenn der Heilige Hubert, der Schutzpatron des Intercity, auf welchem Streckenabschnitt der Republik auch immer mit dem Finger schnipst, haben sich Regionalexpresse in ICEs zu verwandeln, Schaffner Flurgönder zu servieren und Sitzplatzreservierungen anderer Mitreisender ihre Gültigkeit verloren.

Wie glaubhaft ist aber nun die Rolle der Deutschen Bahn in der Ausbau-Debatte? Pardon, alleine die Glaubwürdigkeit des weltweiten Mobilitätsspezialisten Nummer eins in Frage zu stellen ist ungefähr so dreist und widerwärtig, als würde man an der Steuermoral eines Uli Hoeneß zweifeln. Der globale Marktführer, bei dem drei kranke Mitarbeiter den Bahnhof einer Großstadt wochenlang lahm legen können, Klimaanlagen in Waggons nur unterhalb der 18-Grad-Marke arbeiten, im Idealfall jeder dritte Zug pünktlich und das Schienennetz zum größten Teil marode ist, stellt seine Weichen naturgemäß in Richtung Zukunft. Rumgeeier, Taktieren oder gar unwahre Teilauskünfte aus purem Kalkül – doch nicht bei der Bahn. Ein DB-Sprecher erklärte folgerichtig vergangene Woche, man suche derzeit ab Gelnhausen nach der richtigen Lage für die beiden kommenden zusätzlichen Gleise. Ostern sind die Anwohner aufgerufen, fleißig mitzusuchen. Einer, der jetzt schon Flagge zeigt und vorne wegmarschiert, ist Bahnchef Rüdiger Grube. Der Topmanager wurde erst gestern Nachmittag südlich von Schlüchtern mit Gummistiefeln und Lupe im kniehohen Morast gesichtet. „Verdammt, hier leben Frösche, hier geht’s auch nicht", diktierte er seiner Sekretärin in den Notizblock.

Ein vermeintlicher Fachterminus, von dem in den vergangenen Tagen immer wieder zu lesen war, muss an dieser Stelle noch erklärt werden. Es geht um die so genannte „Mottgers-Spange". Ihre terminologischen Wurzeln gehen auf die Vorführung des Marionettenstücks „Der Schwarze Hubert und Jim Knopf auf großer Fahrt" am Abend des 3. Mai 1972 im Mottgerser Schulhaus zurück. Vor Begeisterung verlor damals einer der Drittklässler im Publikum seine Zahnspange. Diese wurde im Spätherbst 1999 bei archäologischen Erdarbeiten entdeckt und kann seitdem im Linzer Museum für Geschichte der Zahnheilkunde und Zahntechnik als „Mottgers-Spange" bewundert werden.Unabhängig davon, ob der Ausbau der Bahnstrecke Fulda – Frankfurt zügig oder mit traditioneller Verspätung kommt: Spangemachen gilt nicht!

HINTERGRUND: „Wielochs wirre Welt" erscheint heute am 19. Freitag in Folge bei osthessen-news.de. Jochen Wieloch (37) blickt dabei pointiert, humorvoll und teilweise mit einer gehörigen Portion Ironie auf die Ereignisse, die die Menschen in der Region und im Land bewegen. Der Petersberger kennt sich als selbstständiger Redakteur in den Medien Print, TV und Internet bestens aus, ist Buchautor und als Spezialist für Unterhaltungselektronik gefragter Autor für zahlreiche Verlage, Magazine und Fachzeitschriften. Außerdem berät und betreut der 37-Jährige Unternehmen in allen Fragen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Neben dem ZDF, 3sat und dem Bayerischen Rundfunk arbeitete Jochen Wieloch unter anderem auch für die Motor Presse in Stuttgart und auto-tv in München. Für osthessen-tv.de stellt der Germanist neuerdings regelmäßig automobile Neuheiten in Filmbeiträgen vor. +++

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