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Jochen Wieloch blickt durch - Grafik & Fotos: Nicole Wagner

REGION Achtung Satire!

WIELOCHS WIRRE WELT (25): Tanz in den Mai – Oh Malaria hilf!

02.05.14 - Na, ist Ihre Dame des Hauses immer noch emotional verstimmt wegen Mittwochabend, weil Sie Ihr den Gehorsam verweigert haben? Am späten Nachmittag des 30. April geben die weiblichen Geschöpfe der Region nämlich traditionell die für Männer brandgefährliche Parole „Tanz in den Mai" aus. Auch in den kommenden Wochen gilt: Wer nicht aufpasst, sieht sich ohne Vorwarnung aus heiterem Himmel auf dem Tanzparkett der Lächerlichkeit ausgesetzt. Aussagen wie „Nicht mit meinem kaputten Meniskus" oder „Bei diesem Wetter schmerzt meine Kriegswunde" werden mittlerweile von der emanzipierten Damenwelt sofort als plumpe Ausreden aufgedeckt und sorgen tagelang für mieses Karma unterm Dach. Mit etwas mehr Fingerspitzengefühl und taktischer Raffinesse kommen Sie aber problemlos drum herum, sich zum zappelnden Deppen zu machen.

Probieren Sie es im ersten Anlauf über die Psyche der Frau. Ist Ihr holdes Weib romantisch veranlagt und besitzt zudem einen Intelligenzquotienten oberhalb der Raumtemperatur, dann wird dieses sofort einsehen, dass Tanzen für den Mann tragische Konsequenzen hat. Kramen Sie Ihr altes Reclamheftchen „Die Leiden des jungen Werther" vom Altkameraden Goethe aus dem Keller, bauen Sie sich vor Ihrer Tusnelda auf und rezitieren Sie mit erhobener Stimme: „Nun ging’s an, und wir ergetzten uns eine Weile an mannigfaltigen Schlingungen der Arme." Seitenweise beschreiben Sie nun die Tanzbemühungen des verliebten Werther im Mai 1771 mit seiner liebenswürdigen Lotte. Ihre Frau wird Tränen des Glücks ob Ihrer literarischen Ader vergießen. Beenden Sie Ihre kleine Lesereise mit dem perfide gewählten Einwand und von Trauer erstickter Stimme: „Am Ende hat er sich umgebracht. Willst du, dass auch ich so ende?" Liebt Ihre Tanzmaus nicht nur Ihr Konto, so wird sie künftig vehement verhindern, dass Sie das Tanzbein schwingen. Glückwunsch!

Fühlen Sie sich ein wenig wie der Heilige Georg und Ihre Lebensabschnittsgefährtin ist der Drache, so bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als einen individuellen Masterplan minutiös abzuarbeiten, um dem Tanz-Trauma zu entgehen. Verlassen Sie bereits am Mittwoch, wenn das stupide Gehopse für Samstag anberaumt ist, Ihr Büro eine Stunde früher. Erhitzen Sie Ihr Gesicht kurz vor dem Betreten der Wohnung über dem Grill im Garten und halten Sie Ihren Kopf in die Regentonne, um die eine oder andere künstliche Schweißperle zu produzieren. Im Normalfall reagiert Ihre Frau besorgt: „Schatz, du hast ja hohes Fieber, du gehörst sofort ins Bett." Verfallen Sie jetzt bloß nicht in verfrühte Euphorie. Überlegen Sie sich vielmehr einen perfekten Spannungsbogen bis zur Gala. Machen Sie von sich aus einen Wadenwickel, trinken Sie einen Salbei-Ingwer-Tee, verzichten Sie auf die Fußball-Übertragung und reiben Sie sich mit Eukalyptusöl ein. „So bin ich bis Samstag auf jeden Fall wieder fit." Das suggeriert den Eindruck, als hätten Sie tatsächlich Lust auf dieses anti-maskuline Rumgehoppel.

Donnerstag und Freitag zünden Sie die nächsten Taktik-Raketen. Umarmen Sie nach dem Aufstehen den Gummibaum im Wohnzimmer und reden Sie ihn mit „Schnuckelchen" an. Ihre Alte wird glauben, Sie leiden unter ernsten Sehstörungen. Lassen Sie am nächsten Morgen demonstrativ Ihr Testament auf dem Frühstückstisch liegen. Per Anruf von Ihrer Sekretärin erfährt Ihre Gattin, dass Sie heute etwas später nach Hause kommen. Es reicht, wenn Ihre Assistentin beiläufig die Wörter „Defibrilator", „Hubschrauber" und „Institut für Tropenkrankheiten" fallen lässt. Wenn Ihre bessere Hälfte später wissen will, warum Sie sich zum Abendessen ein Milchshake zubereiten, lallen Sie einfach mit letzter Kraft „Schüttelfrost." Für eine Kiste Zigarren ruft Ihr Kollege nachts um vier an und teilt Ihrer Frau am Telefon mit, dass auch er die nächsten Wochen wegen Malaria ausfällt.

Spätestens jetzt wird Ihre Liebste den Tanzkäse vergessen und sich rührend um Ihre Genesung kümmern. Als Gentleman geht es Ihnen Sonntagvormittag urplötzlich wieder gut. Nur Vorsicht, wenn Sie es allzu doll übertrieben haben. Dann kann es passieren, dass sich Ihre Frau Samstagabend erst Recht ins schwarze Ballkleid zwängt. „Schatz, darf ich zum letzten Tango bitten!" (JOCHEN WIELOCH) +++


HINTERGRUND: „Wielochs wirre Welt" erscheint heute am 25. Freitag in Folge bei OSTHESSEN|NEWS.  Jochen Wieloch (37) blickt dabei pointiert, humorvoll und teilweise mit einer gehörigen Portion Ironie auf die Ereignisse, die die Menschen in der Region und im Land bewegen. Der Petersberger kennt sich als selbstständiger Redakteur in den Medien Print, TV und Internet bestens aus, ist Buchautor und als Spezialist für Unterhaltungselektronik gefragter Autor für zahlreiche Verlage, Magazine und Fachzeitschriften. Außerdem berät und betreut der 37-Jährige Unternehmen in allen Fragen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Neben dem ZDF, 3sat und dem Bayerischen Rundfunk arbeitete Jochen Wieloch unter anderem auch für die Motor Presse in Stuttgart und auto-tv in München. Für osthessen-tv.de stellt der Germanist neuerdings regelmäßig automobile Neuheiten in Filmbeiträgen vor. +++

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