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Jochen Wieloch blickt durch - Grafik & Fotos: Nicole Wagner

REGION WIELOCHS WIRRE WELT (21)

Schwenk der neue Lanz – schweres Fennel-Erbe

04.04.14 - Keine Frage, Markus Lanz war nicht zu beneiden, als er im Oktober 2012 das schwere Erbe von Thomas Gottschalk annahm und den Show-Titanen nach 24 Jahren bei „Wetten, dass..?" ablöste. Stefan Schwenk würde mit Sicherheit milde darüber lächeln, müsste er nur in die Fußstapfen eines Thomas Gottschalk treten. Der 53-Jährige hat diese Woche die Nachfolge von Hünfelds Bürgermeister Eberhard Fennel übernommen. Unglaubliche 36 Jahre hat die Fennel-Epoche gedauert. Für Schwenk eine Herkules-Aufgabe. Aber auch für seinen Vorgänger ist die Situation alles andere als einfach: Von heute auf morgen Rita statt Rathaus, Rente statt Regieren, damit muss man erst mal klarkommen.

Gestern Morgen, 7.30 Uhr im Dienstzimmer des Hünfelder Bürgermeisters. Voller Elan startet der Neue in den Tag. Und wird mit einem kurzen „Auch schon da" aus Richtung Schreibtisch empfangen. „Ich wollte nur kurz Hallo sagen", räumt Fennel ein. Seit Sonnenaufgang studiert er Akten, kontrolliert Pläne und Tabellen, markiert mit einem dicken roten Fasermaler die Punkte, die er anders bewertet als Schwenk. Die meisten Zettel sind von oben bis unten rot. „Da neben dem Drucker in der Ecke steht noch ein Hocker", wimmelt Hünfelds lebende Legende seinen Nachfolger ab. Das Telefon klingelt. Geschickt blockt der Ehrenbürgermeister seinen Parteikollegen mit dem Ellenbogen an die Wand und reißt den Hörer an sich. „Hallo Volker, nein, der Anfänger schläft noch. Montag um 15 Uhr im Ministerium in Wiesbaden, ich bin da."

Als Schwenk etwas irritiert schaut, merkt Fennel, dass er dem Youngster das Gefühl geben muss, gebraucht zu werden. Deshalb ist es an der Zeit, loszulassen und Verantwortung zu übertragen. „Hier hast du nen Zwanni, hol doch mal Kaffee", integriert er den neuen Rathauschef ins Tagesgeschäft. „Dallmayr Ethiopia gemahlen", ruft der 65-Jährige mit einem verschmitzten Grinsen hinterher. Wohl wissend, dass es diese Sorte nur in einer Rösterei in Fulda gibt. Erst drei Stunden später taucht Schwenk wieder auf. Fennel hat zwischenzeitlich einige Anträge gestellt und umgehend mit Schwenks perfekt nachgemachter Unterschrift genehmigt: die Einführung einer Fennel-Sonderbriefmarke, einer Fennel-Sondermünze, einer Fennel-Fenchelteemischung, die Benennung einer Fennel-Allee, den Bau der Fennel-Sternwarte und den Druck der T-Shirt-Kollektion „Fennel – Rekordehrenbürgerbürgermeister der Herzen".

Auf dem Gang wird es laut. Knapp 30 aufgebrachte Hünfelder Landfrauen nahen, bewaffnet mit Mistgabeln und Regenschirmen. Die Gruppe macht ihrem Unmut über die durch Fennel initiierte Kürzung der finanziellen Unterstützung Luft. „Die wollen den Bürgermeister sprechen", analysiert Fennel blitzschnell und schiebt Schwenk auf den Flur. Wieder klingelt das Telefon. Der Regierungspräsident. „Schwenk", meldet sich Fennel mit verstellter Stimme. „Ja, also, die Situation ist die, dass unklar ist, ob und wenn ja überhaupt vielleicht unter Umständen eventuell unter Vorbehalt, müssen wir mal sehen, und das Selbstverständnis unter der Voraussetzung...", eiert der falsche neue Bürgermeister mit Kalkül herum. „Der Fennel wüsste das natürlich", fügt Fennel taktisch clever hinzu und ruft zwei Minuten später den Regierungspräsidenten unter seinem wahren Ich zurück. „Artikel 18 vom 27. Mai 2013 der HGO ist die Rechtsgrundlage", bringt es der Ex-XXL-Bürgermeister gewohnt knackig auf den Punkt und ergänzt: „Der Schwenk ist doch noch sehr unsicher. Rufen Sie mich demnächst lieber gleich an, gerne auch nachts."

Vor dem Büro ringt Schwenk um Luft. Fennel beruhigt die aufgebrachten Landfrauen. „Meine Damen", ruft der Staatsmann die Gäste zur Räson. „Die Maßnahme, Ihre Zuschüsse zu kürzen, ist auf die Unerfahrenheit des neuen Stadtoberhauptes zurückzuführen. Als Ihr Ehrenbürgermeister der Herzen werde ich mich umgehend für Ihre Belange einsetzen." Jede der Landfrauen erhält eine handsignierte Fennel-Autogrammkarte und tritt beseligt den Heimweg an. „Stefan, schlaf morgen mal aus. Ich beiß in den sauren Apfel und bin ab 5 im Büro." Aus dem Fenster ruft Fennel hinterher: „Und bring Tee mit. Die seidige Puh-Erh-Mischung aus der chinesischen Provinz Yunnan."


HINTERGRUND: „Wielochs wirre Welt" erscheint heute am 21. Freitag in Folge bei osthessen-news.de. Jochen Wieloch (37) blickt dabei pointiert, humorvoll und teilweise mit einer gehörigen Portion Ironie auf die Ereignisse, die die Menschen in der Region und im Land bewegen. Der Petersberger kennt sich als selbstständiger Redakteur in den Medien Print, TV und Internet bestens aus, ist Buchautor und als Spezialist für Unterhaltungselektronik gefragter Autor für zahlreiche Verlage, Magazine und Fachzeitschriften. Außerdem berät und betreut der 37-Jährige Unternehmen in allen Fragen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Neben dem ZDF, 3sat und dem Bayerischen Rundfunk arbeitete Jochen Wieloch unter anderem auch für die Motor Presse in Stuttgart und auto-tv in München. Für osthessen-tv.de stellt der Germanist neuerdings regelmäßig automobile Neuheiten in Filmbeiträgen vor. +++

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