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- Screenshot: Johns Hopkins University / Collage: Carina Jirsch

WELTWEIT Über die Grenzen von Osthessen hinaus (5)

Die Zukunft ist ungewiss: "Die Menschheit wird eine harte Lektion gelernt haben"

01.04.20 - Nicht nur in Osthessen herrscht Ausnahmezustand. Weltweit steigt die Anzahl an Infizierten in Bezug auf das Coronavirus rasant weiter. Der Reiseverkehr ist auf ein Minimum reduziert, Ausgangssperren sind in vielen Ländern verhängt. Das öffentliche Leben kommt zum Erliegen. Was uns jedoch in dieser schweren Zeit verbindet: Wir sitzen alle im selben Boot und möchten wieder Normalität erlangen. Das Team von OSTHESSEN|NEWS hat seine persönlichen Kontakte, unter anderem in den USA, Belgien und Frankreich, nach subjektiven Eindrücken gefragt.

Übersetzung aus dem Englischen von Carina Jirsch

LOS ANGELES, USA
Johns Hopkins University Corona-Statistik 01.04.2020:
4 Millionen Einwohner / 2.505 Infizierte / 44 Tote

Tim (45), Freiberuflicher Medienproduzent, Los Angeles

Sind Du und Deine Familie gesund?
Ja, und dafür bin ich dankbar.

Wie empfindest Du die derzeitige Corona-Situation?
Das ist eine schwierige Frage, da sie sich stündlich zu verändern scheint.

Gehst Du derzeit arbeiten oder hast Du Deinen Job aufgrund der Krise verloren?
Im Moment bin ich komplett arbeitslos.

Wie beschäftigst Du Dich, während Du in Isolation bist?
Am 12. März habe ich erfahren, dass alle meine zukünftigen Jobs abgesagt wurden. Sobald mir das bewusst geworden ist, habe ich mir Gedanken gemacht, wie ich anders an Geld kommen kann. Schon seit einigen Jahren habe ich meine eigene Karriere als Produzent vernachlässigt und mich auf andere Jobs in der Medienbranche konzentriert, da die sehr gut bezahlt werden und mir eine bessere finanzielle Zukunft bescheren konnten, um beispielsweise Immobilien zu kaufen. Und jetzt habe ich endlich wieder Zeit dafür. Als Allererstes habe ich mir ein eigenes Produktionsstudio eingerichtet. Dann habe ich angefangen, an einem Showkonzept zu arbeiten, welches ich von zu Hause aus produzieren kann. Nebenbei beschäftige ich mich auch mit verschiedenen anderen Ideen und Kollaborationen, die ich nach der Krise umsetzen möchte. Für mich persönlich ist die Corona-Krise ein Fingerzeig vom Universum, dass jetzt oder nie die Zeit dafür ist. Auch nehme ich Teil an jeder Menge Online-Kurse, um meine Videobearbeitungs-, Produktions- und Moderationsfähigkeiten zu verbessern.

Was macht Dir die größten Sorgen?
Für mich persönlich: Dass ich nicht weiß, wann ich wieder richtig Geld verdienen werde, um meine Kredite zu tilgen.
Für die Welt: Ich habe Angst davor, dass wir weltweit eine erschreckende Anzahl von Menschen verlieren werden und unzählige Menschen ihre Existenz.

Wie, denkst Du, geht Dein Land mit der Corona-Krise um?
Ich denke, dass unser Land soweit ganz gut damit umgeht, obwohl wir keinerlei Führung von unserem "Präsidenten" haben. Jedoch habe ich Bedenken, dass manche Amerikaner immer noch nicht das Ausmaß dieser Pandemie verstanden haben und nicht darauf vorbereitet sind, wie schlimm es noch werden wird.

Hast Du Angst davor, dass Dein Land denselben katastrophalen Weg wie Italien gehen könnte?
Ja, ich glaube, jedes Land hat Angst davor. Die USA haben keine ausreichende medizinische Versorgung.

Vertraust Du Eurem Gesundheitssystem, dass es mit der Pandemie, so gut es geht, umgehen kann?
Eindeutig: NEIN! Aber auch schon vor Covid-19 hatten wir kein gut aufgestelltes Gesundheitssystem.

Wie lange, denkst Du, wird es dauern, bevor die Welt wieder zurück zum "Normal-Zustand" ist?
Ich wünschte, es zu wissen. Ich stelle mich darauf ein, dass es eine ganze Weile dauern wird, bevor die "Normalität" zurückkehrt.

Was könnte der größte Schaden für Dich persönlich oder Dein Land nach Corona sein?
Für mich persönlich: Dass mein erspartes Geld auf meinem Konto verbrannt wird, um Kredite zu bezahlen und ich am Ende dann doch mein Haus verlieren werde. Ich mache mir auch Sorgen, ob ich nach der Krise wieder Arbeit finden werde. Bestimmt muss ich finanzielle Einbußen in den Kauf nehmen. Für dieses Land: Dass es unser Gesundheitssystem so ausschöpfen wird und es danach noch ineffektiver sein wird und es eine noch schlechtere Grundversorgung geben könnte. Es könnte auch möglich sein, dass unser Land in eine wirtschaftliche Depression fällt, wie in den dreißiger Jahren.

Wie, denkst Du, wird die Welt nach der Corona-Pandemie sein?
Ich würde mir wünschen, dass die Welt ein harmonischerer Platz wird und es mehr Zusammenhalt gibt. Das ist auch der Inhalt meines Podcasts: zu illustrieren, wie jeder Einzelne (vielleicht zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit) mit demselben Problem konfrontiert ist. Das ist schon eine bemerkenswerte Sache. Ich hoffe, dass, wenn diese Pandemie vorbei ist, die Welt nie vergessen wird: Wir alle zusammen sind Teil der Menschheit - trotz Grenzen, verschiedener Regierungen und unterschiedlichen Ideologien.

BELGIEN
Johns Hopkins University Corona-Statistik 01.04.2020:
11,4 Millionen Einwohner / 12.775 Infizierte / 705 Tote

Etjen (45), Freiberuflicher Tournee- und Bühnenmanager, Niederländer, wohnhaft in Brügge, Belgien

Wie empfindest du die derzeitige Corona-Situation?
Es ist schon ein eigenartiges Gefühl, den Leuten an der Macht vertrauen zu müssen, weil das normalerweise diejenigen sind, denen man auf keinen Fall vertrauen schenkt.

Gehst Du derzeit arbeiten oder hast Du Deinen Job aufgrund der Krise verloren?
Im Moment habe ich keinerlei Arbeit oder Einkommen. Ich bin weltweit beschäftigt und meine Industrie hat die Krise kommen sehen. Aber auf sowas kann man sich nicht vorbereiten.

Wie beschäftigst Du Dich, während Du in Isolation bist?
Wir dürfen nur zum Supermarkt gehen - und das war es auch schon. Und somit gehen wir täglich zum Shop und zurück, schauen viel Netflix, beschäftigen uns mit Spielen und arbeiten an Sachen für die Zukunft. Diese Zukunft ist zwar ungewiss, aber die ganze Welt muss das ja zusammen durchstehen.

Was macht Dir die größten Sorgen?
Ob und wie wir diese ganze Gesellschaft wieder hochfahren. Ich hoffe, die Menschheit wird daraus lernen und die Welt wird sich verändern.

Wie, denkst Du, geht Dein Land mit der Corona-Krise um?
Ich denke, dass unser Land schon ganz gut mit der Krise umgeht, aber Entscheidungen brauchen zu lange und sind nicht streng genug. Wir brauchen striktere Beschlüsse!

Hast Du Angst davor, dass Dein Land denselben katastrophalen Weg wie Italien gehen könnte?
Es wird genauso kommen.

Vertraust Du Eurem Gesundheitssystem, dass es mit der Pandemie, so gut es geht, umgehen kann?
Wie auch anderswo in der Welt wurde auch unser Gesundheitssystem in den letzten zehn Jahren drastisch gekürzt. Wir können froh sein, dass es immer noch willige unterbezahlte Arbeitskräfte gibt, die jetzt arbeiten. Unser System muss sich aber in der Zukunft ändern.

Wie lange, denkst Du, wird es dauern, bevor die Welt wieder zurück zum "Normal-Zustand" ist?
2021. Ab August könnte es langsam wieder losgehen. Aber es wird eine ganze Weile dauern.

Was könnte der größte Schaden für Dich persönlich oder Dein Land nach Corona sein?
Ich werde es überleben. Meine Firma wird es überleben. Das Land wird es überleben. Die Menschheit wird eine harte Lektion gelernt haben. Als Gesellschaft werden wir vielleicht wieder auf den Boden der Tatsachen gebracht, was gar nicht so schlecht ist.

Wie denkst Du, wird die Welt nach der Corona-Pandemie sein?
Ich als alter Hippie hoffe, dass sich die Welt verändert haben wird. Aber da ich auch ein Zyniker bin, nehme ich mal an, dass alles so bleibt wie es war.

FRANKREICH
Johns Hopkins University Corona-Statistik 01.04.2020:
67 Millionen Einwohner / 44.550 Infizierte / 3.024 Tote

Elodie (39), Fotografin, Paris, Frankreich

Sind Du und Deine Familie gesund?
Ja, soweit sind wir okay.

Wie empfindest Du die derzeitige Corona-Situation?
Es ist eine sehr beunruhigende, beängstigende und zugleich frustrierende Zeit.

Gehst Du derzeit arbeiten oder hast Du Deinen Job aufgrund der Krise verloren?
Derzeit habe ich keine Jobs, da alle Hochzeiten, die ich fotografieren sollte, abgesagt wurden.

Wie beschäftigst Du Dich, während du in Isolation bist?
Ja, wir sind im Lockdown. Wir dürfen pro Tag für eine Stunde raus, um uns zu bewegen, aber ich bleibe lieber zu Hause. Da ich sonst auch Homeoffice mache, ist es keine ungewohnte Situation. Jedoch habe ich derzeit keinerlei Motivation, zu arbeiten. Ich versuche so wenig wie möglich Nachrichten zu schauen und schalte nur abends die News an, um zu erfahren, was unser Präsident zu berichten hat. Ansonsten beschäftige ich mich mit Dingen, für die ich sonst wenig Zeit habe. Jeden Tag stelle ich mir einen Plan zusammen mit Aufgaben, die ich erledigen möchte.

Was macht Dir die größten Sorgen?
Dass meine Familie und Freunde das Virus erwischen könnte und sie daran sterben. Dass es besonders Afrika katastrophal treffen wird. Dass Politiker diese Krise nutzen könnten, um unsere Freiheiten in der Zukunft einzuschränken. Dass niemand daraus lernen wird und dass der asiatische Markt weiterhin für seinen eigenen Aberglauben wildern wird. Derzeit glauben sie beispielsweise, dass Bärengalle Covid-19 heilen kann.

Wie, denkst Du, geht Dein Land mit der Corona-Krise um?
Unser Land könnte viel besser damit umgehen, wenn es dem Beispiel von Korea folgen würden; wo es überall Masken gibt und viele Tests gemacht werden. Leider gibt es für die französische Bevölkerung nicht mehr genügend Atemmasken und selbstverständlich müssen die medizinischen Fachkräfte zuerst geschützt werden. Es wird zwar gesagt, dass sie eigentlich gar nichts bringen, aber das ist eine Lüge.

Hast Du Angst davor, dass Dein Land denselben katastrophalen Weg wie Italien gehen könnte?
Ich denke, das wird es.

Vertraust Du Eurem Gesundheitssystem, dass es mit der Pandemie, so gut es geht, umgehen kann?
Ich vertraue unseren Fachkräften, dass sie ihr Bestes geben, aber nicht unserer Regierung. Wie auch immer: Wir haben trotzdem das Glück in einem Land zu leben, wo wir von einem kostenlosen Gesundheitssystem profitieren können.

Wie lange, denkst Du, wird es dauern, bevor die Welt wieder zurück zum "Normal-Zustand" ist?
Ich würde sagen: so etwa sechs Monate - wobei es hoffentlich eine andere Art der "Normalität" geben wird.

Was könnte der größte Schaden für Dich persönlich oder Dein Land nach Corona sein?
Dass niemand daraus lernen wird, wir wieder zum Massenkonsum zurückkehren, mit enormer Luftverschmutzung leben und die natürlichen Lebensräume der Tierwelt weiterhin zerstören.

Persönliche Message:
Bitte bleibt zu Hause. Wenn Du privilegiert bist, in einer nicht zu kleinen Wohnung zu wohnen, Deine Firma nicht Pleite gegangen ist, Du keinen lieben Menschen verloren hast und in einem Land mit einem guten Gesundheitssystem lebst, dann versuche bitte, diese Zeit zu genießen. Es gibt viel schlimmere Sachen, als zu Hause bleiben zu müssen, um so Leben zu retten.
(Carina Jirsch) +++

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Tim konzentriert sich in Los Angeles auf zukünftige Medien-Projekte als Produzent ... Foto: Jannica Honey

Etjen arbeitet weltweit als Tourneemanager Foto: Maron Stills

Elodie ist Fotografin wohnhaft in Paris


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