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Pläne von K+S: "Nicht zu bewältigende Herausforderungen"
10.02.23 - Einstimmig hat die Gemeindevertretung Neuhof eine politische Stellungnahme der Gemeinde zum Projekt "Dickschichtabdeckung der Rückstandshalde des Werkes Neuhof-Ellers" der Vorhabenträgerin K+S Minerals and Agriculture GmbH, Werk Neuhof-Ellers, beschlossen.
Neben Werksleiter Roland Keidel, der im Vorfeld einen Statusbericht zu der Thematik hielt und einige Fragen beantwortete, waren auch zahlreiche Mitglieder der neu gegründeten Bürgerinitiative BI Umwelt Neuhof – Natur.Mensch.Lebensraum anwesend.
Wie es einleitend heißt, sind der Gemeinde die rechtlichen und umwelttechnischen Erfordernisse einer Reduzierung der anfallenden Haldenwässer – bis hin zur vollkommenen Unterbindung – sehr bewusst. Die Gemeinde will die Planung des Unternehmens K+S Minerals and Agriculture GmbH ("K+S") konstruktiv und kritisch begleiten. Im Hinblick auf das Leben der nachkommenden Generationen sei eine umweltgerechte und nachhaltige Entsorgung der Haldenwässer von hoher Bedeutung.
Die von K+S vorgelegte Planung einer Haldenabdeckung im Dickschichtverfahren stelle die Gemeinde Neuhof und ihre Bürgerinnen und Bürger vor nicht zu bewältigende Herausforderungen. Die absehbaren Auswirkungen des Projekts in der derzeit geplanten Form könnten nicht "auf den Schultern" der Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Neuhof getragen werden. "Unser heimischer Naturraum - insbesondere Wald und landwirtschaftliche Flächen für die Erzeugung von Lebensmitteln - sowie die natürlichen und lebenswichtigen Ressourcen und Schutzgüter wie Wasser, Boden und Luft müssen geschützt werden".
Gemeinsames Ziel müsse es deshalb sein, die rechtlichen und umwelttechnischen Erfordernisse durch ein Konzept mit wesentlich geringeren Auswirkungen auf Mensch und Natur erfüllen zu können, damit ein Leben in Neuhof lebenswert bleibt.
Die Forderungen
1. Eine sofortige Änderung der jetzigen Primärplanung von K+S. Die geplante Dickschichtabdeckung der Rückstandshalde übersteigt in ihrem Ausmaß und in ihren Auswirkungen deutlich die Belastungsfähigkeit unserer Gemeinde und ihrer Bürgerinnen und Bürger.2. Die umgehende Einleitung eines selbständigen Vorverfahrens (Raumordnungsverfahren), um eine vergleichende Prüfung der in Betracht kommenden Handlungsvarianten unter Einbeziehung der Öffentlichkeit zu ermöglichen, bevor das Unternehmen eine konkrete Ausführungsvariante zur bergrechtlichen Planfeststellung mit gebundener Marschroute für die entscheidende Behörde beantragt.
3. Die ergebnisoffene, unabhängige und gleichwertige Prüfung aller in Frage kommenden Handlungsvarianten, bezogen u.a. auf Eignung, Wirkungsgrad, ökologische und geologische Folgen sowie Nachhaltigkeit. Für die Prüfung der Handlungsvarianten haben zudem die folgenden Leitlinien Priorität, um die nachteiligen Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger in Neuhof und Umgebung zu begrenzen:
a) Die Projektdauer muss einer seriösen Planung standhalten und zeitlich überschaubar bleiben.
b) Der Naturraum und seine Ressourcen müssen erhalten bleiben, d.h. eine Inanspruchnahme insbesondere von Wald oder landwirtschaftlichen Flächen weitestgehend vermieden werden. Notwendig werdende Infrastruktur sollte soweit wie möglich innerhalb des bestehenden, aktuell genehmigten Betriebsgeländes vorgehalten werden. Ggf. dennoch benötigte Flächen sind vollständig und standortnah auszugleichen.
c) Eine Erweiterung oder Verlegung von öffentlichen Verkehrswegen sollte vermieden werden. Zusätzliche Belastungen der öffentlichen Infrastruktur, insbesondere durch Verkehrsbewegungen, sollten auf ein Mindestmaß reduziert werden. Etwa erforderliche Materialanlieferungen sollten primär über die Schiene erfolgen.
d) Für ggf. zu erwartende Lärm- und Staubimmissionen sind geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen.
e) Für eine etwaige Abdeckung darf ausschließlich Material der Schadstoffklassen LAGA Z0 und Z1 (bis maximal Z1.2) bzw. der entsprechenden Klassen aus den technischen Regeln für den Bergbau
verwendet werden.
4. Die Umsetzung der sich aus dieser unabhängigen Prüfung ergebenden geeignetsten Handlungsvariante (bzw. der geeignetsten Kombination von mehreren Handlungsvarianten). Die Wahrung der Neuhofer Lebensqualität und Festigung der Grundwerte "liebenswert – lebenswert – zentral" müssen hierbei im Vordergrund stehen. Unter mehreren in Betracht kommenden Handlungsvarianten ist/sind bei vergleichbarer Effektivität grundsätzlich diejenige(n) zu bevorzugen, die die geringsten negativen Auswirkungen auf den Menschen und den Naturraum haben. Die Profitabilität für das Unternehmen darf nicht das vorrangige oder sogar entscheidende Kriterium sein!
5. Einen schnellstmöglichen Versatz neu anfallender Produktionsrückstände (Vermeidung eines weiteren Wachstums der Rückstandshalde) nach unter Tage und die Verwertung bestehender Rohstoffe in der Halde (gleichzeitige Reduzierung der Rückstandshalde). Grundsätzlich erstrebenswert wäre die Rückführung des gesamten Abraums (spätestens nach Produktionsende).
6. Den Fortbestand von K+S als Kalibergbau-Arbeitgeber in der Kaligemeinde Neuhof und größtmögliche Anstrengungen zum Standorterhalt. Wir stehen geschlossen und einmütig für die Sicherung der Arbeitsplätze im Kalibergbau, nicht jedoch in der Abfallwirtschaft.
7. Die Vereinbarkeit der Ziele von K+S mit den Bedürfnissen/ den Interessen/ dem Allgemeinwohl der Neuhofer Bürgerinnen und Bürgern sowie den Forderungen der Gemeinde Neuhof.
8. Transparenz in sämtlichen Verfahrensschritten durch K+S und dauerhaften Informationsaustausch für die Öffentlichkeit sowie die Möglichkeit zum regelmäßigen Dialog.
9. Die Einbindung der politischen Gemeinde Neuhof und der Öffentlichkeit während Entscheidungsprozessen bzw. vor wichtigen Entscheidungen.
10. Keine weitere, zusätzliche Ewigkeitslast für die Neuhofer Bürgerinnen und Bürger durch eine Abfallhalde. Eine Mehrung der langfristigen Lasten durch Sickerwässer aus belastetem Abfall, gegebenenfalls neben noch weiter verbleibenden salzhaltigen Haldenwässern, ist unbedingt zu vermeiden!
11. Soweit die bestehende Rückstandshalde nach Produktionsende nicht nach unter Tage zurückgeführt wird, ist für die absehbar eintretenden Aufwendungen aus der bereits bestehenden Ewigkeitslast der Kali-Rückstandshalde der Aufbau eines auskömmlich dotierten sowie treuhänderisch verwalteten "Ewigkeitsfonds" einzurichten. (pm) +++