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Die Kalihalde prägt die Gemeinde Neuhof - und nicht nur die. - Foto: O|N - Archiv / Carina Jirsch

NEUHOF Am heutigen Dienstag ist Demo

K+S-Projekt: Das sagen Politiker aus der Region dazu

14.03.23 - Das Projekt "Dickschichtabdeckung der Rückstandshalde des Werkes Neuhof-Ellers" des Unternehmens K+S sorgt für kommunalpolitische und gesellschaftliche Diskussionen weit über die Gemeindegrenzen hinaus. Für den Dienstag ist ab 18 Uhr ein Demonstrationszug vom Parkplatz der Schloss-Schule Neuhof mit anschließender Kundgebung am Gemeindezentrum geplant. Veranstalter ist die Bürgerinitiative "UMWELT NEUHOF". OSTHESSEN|NEWS hat bei Politikern aus der Region nachgefragt, wie sie das Projekt bewerten.

Landrat Bernd Woide. Foto: O|N - Archiv / Carina Jirsch

Fuldas Landrat Bernd Woide (CDU): "Die Haldenabdeckung im Dickschichtverfahren stellt ein gewaltiges Projekt dar, das auf Neuhof, aber auch darüber hinaus jahrzehntelange Auswirkungen haben wird. Als Landrat kann ich die Sorgen und Befürchtungen der Bevölkerung völlig nachvollziehen und auch verstehen. In den anstehenden Genehmigungsverfahren ist es wichtig, nicht nur das Verfahren der Dickschichtdeckung der Halde zu prüfen, sondern auch andere Alternativen zur Reduktion und Vermeidung der entstehenden Haldenwässer. Im Rahmen meiner Möglichkeiten werde ich mich persönlich dafür einsetzen. In diesem Zusammenhang stehe ich bereits in Kontakt mit K+S, dem Regierungspräsidium Kassel und der Gemeinde Neuhof".

Bundestagsabgeordneter Michael Brand. Foto: O|N - Archiv / Laura Struppe

Bundestagsabgeordneter Michael Brand (CDU): "Neuhof und K+S sind seit vielen Jahrzehnten erfolgreich verbunden. Durch gute Arbeitsplätze haben die Beschäftigten, die Region und durch Steuereinnahmen die Gemeinde Neuhof erheblich profitiert. Zum Unternehmen zählt neben Umsatz und Gewinn zugleich die bergbauliche Verantwortung für die Lasten.

Das geplante Vorhaben von K+S zur Abdeckung der Halde ist ohne Zweifel ein Mammutprojekt mit erheblichen Auswirkungen, das nicht in einem Hau-Ruck-Verfahren entschieden werden wird. Hier braucht es Sorgfalt, Umsicht und auch langen Atem. Sorgen und Argumente der Bürger wie der Kommune sind dabei auf jeden Fall zu berücksichtigen. Ich kann sie gut nachvollziehen, selbstverständlich müssen die Befürchtungen ernst genommen werden, und auch technische Machbarkeiten spielen eine Rolle.

Ein konstruktiver Dialog zwischen allen Beteiligten ist hier von besonderem Wert und von großer Bedeutung, dem darf sich keiner verweigern. Vor einem Genehmigungsverfahren müssen alle Alternativen auf den Tisch und auch alternative Lösungen seriös geprüft werden. Und im Verfahren müssen selbstverständlich auch Alternativen geprüft werden. Dazu sind die Verantwortlichen schon jetzt im Austausch. Mein Ansatz ist, mich nach Kräften für eine gute, tragfähige Lösung einzusetzen. Dazu bin ich bereits seit längerem mit zahlreichen Bürgern, dem Regierungspräsidenten, Landrat, Neuhofs Bürgermeister, dem Unternehmen sowie weiteren Akteuren im direkten Austausch.

Schon heute die Weichen auch für die Zeit nach der Förderung und Produktion in der Kaliregion in Osthessen - nach derzeitiger Prognose 2060 - richtigzustellen, ist mir als Abgeordneter des Wahlkreises ein Anliegen, um frühzeitig richtige und tragfähige Lösungsansätze zu erörtern und zu entwickeln. Daraus ist bereits im Jahr 2021 eine besondere Förderung des Bundes für das Projekt "Zukunft Kaliregion 2.0" an die Landkreise Fulda, Hersfeld-Rotenburg und den Wartburgkreis entstanden und bewilligt, um konkret Konzepte zu entwickeln. Dieser Verantwortung müssen sich alle Beteiligten stellen, inklusive des Unternehmens".

Landtagsabgeordnete Sabine Waschke. Foto: O|N - Archiv / SPD

Landtagsabgeordnete Sabine Waschke (SPD): "Traditionell stand die Region immer hinter K+S. Hier wird jedoch eine rote Linie überschritten. Wir müssen uns im Klaren sein, dass die von Kali + Salz geplante Dickschichtabdeckung des Kalibergs in Neuhof ein Großprojekt ist, das die Region das kommende Jahrhundert und darüber hinaus beeinflussen würde.

In der Debatte um die dringend notwendige Reduzierung der salzhaltigen Haldenabwässer fehlt es mir eindeutig an einem ergebnisoffenen Dialog. Mein Eindruck ist, dass Alternativen zu einer Abdeckung im sogenannten Dickschichtverfahren per se nicht weiterverfolgt werden. Das Dialogforum von K+S gleicht mehr einem Monologforum, bei dem es dann auch nicht verwunderlich ist, wenn dem einen oder anderen Teilnehmer der Geduldsfaden reißt.
So wie sich mir aktuell die Sachlage darstellt, ist eine Dickschichtabdeckung des Kalibergs weder die beste Variante für Mensch und Natur, noch genehmigungsfähig.

Aus diesem Grund werde ich mich persönlich dafür einsetzen, um die Dickschichtabdeckung und damit die Belastung der Menschen in der Region zu verhindern. Ich werde in den kommenden Wochen und Monaten viele Gespräch führen, aber auch weitere Informationen sammeln und diese dann öffentlich zur Verfügung stellen."

Landtagsabgeordneter Sebastian Müller. Foto: O|N - Archiv / Finn Rasner

Landtagsabgeordneter Sebastian Müller (CDU): Der Süden des Landkreises Fulda und insbesondere die Gemeinde Neuhof sind eng mit dem Bergbau verbunden und die Arbeitsplätze verdienen einen hohen Stellenwert. Ich sehe in der Vorgehensweise von K+S zur Realisierung einer Abdeckung im Dickschichtverfahren in der vorgelegten Form keine ausgewogene Planung.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Verantwortung für die Rückstandshalde bei dem Unternehmen liegt, das viele Jahre wirtschaftlich profitieren konnte und ausdrücklich nicht bei der Allgemeinheit. Inhaltlich unterstütze ich Forderungen der Gemeindevertretung Neuhof zum Vorhaben von K+S vollumfänglich. Ziel muss es sein, die salzhaltigen Haldenwässer, die durch Niederschlag entstehen, zu reduzieren. Dazu gibt es, neben der Haldenabdeckung im Dickschichtverfahren, aber viele Alternativen. Bisher hat K+S aber nur die Dickschichtabdeckung für die Halde in Neuhof vertieft geprüft. Das halte ich für falsch.

Alle Alternativen müssen in gleichem Umfang und in gleicher technischer Tiefe geprüft werden. Eine einseitige Fokussierung auf die Dickschichtabdeckung halte auch rechtlich nicht für sachgerecht. 
Konkret sind folgende Bausteine auch in Kombination zu prüfen:

• Versatz von Abraum Untertage, insbesondere für den noch pulverförmigen Abraum, der in den nächsten Jahren entstehen soll,
• Verwertung vorhandener Rohstoffe (z.B. des Kainit) aus der Rückstandhalde und die
• Haldenabdeckung im Dünnschichtverfahren

Ich setze mich aktiv dafür ein, dass die Alternativen in Form eines Raumordnungsverfahrens geprüft werden. Ein Raumordnungsverfahren eröffnet die Chance, alle Bausteine und Alternativen in das Verfahren mit einzubeziehen. Im Verfahren müssen die Folgen für die Menschen und Umwelt in unserer Region berücksichtigt werden. Bisher kamen die berechtigten Interessen der betroffenen Menschen und die Transparenz in den Planungen von K+S zu kurz".

Landtagsabgeordneter Thomas Hering. Foto: O|N - Archiv / Christopher Göbel

Landtagsabgeordneter Thomas Hering (CDU): "Der rechtsstaatliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit liegt mir nicht nur aus Polizeisicht am Herzen, weshalb ich auch hier anhand der Kriterien ,Geeignetheit – Erforderlichkeit – Angemessenheit' bewerte: Auf den ersten Blick mag die Dickschichtabdeckung geeignet sein, Haldenabwässer zu reduzieren beziehungsweise zu vermeiden, auch wenn es hier unterschiedliche Sichtweisen gibt und somit auf lange Sicht noch genauer untersuchen und darzulegen wäre.

Jedoch habe ich Zweifel, ob dieses Vorhaben erforderlich ist, um die Vorgaben zur Vermeidung von Haldenabwässern zu erfüllen. Denn es stehen eine Reihe anderer Maßnahmen zur Verfügung, die meines Erachtens noch nicht ausreichend einbezogen wurden.

Angesichts der enormen Auswirkungen auf Infrastruktur, Leben in der Gemeinde Neuhof samt Umfeld, Verlust von Umweltflächen und Aufwuchs von Halde, auch durch Unmengen an teils belastetem Bauschutt, kaum überblickbaren Beeinträchtigungen während der jahrhundertlangen Ablagerungsphase und erst recht danach, kann meines Erachtens von Angemessenheit keine Rede sein. Dies insbesondere mit Blick auf Alternativen.

Von daher mein Appell und mein Einsatz dafür, hier ins Vorverfahren einzusteigen und im Rahmen der Raumordnung alle bisher noch nicht näher verfolgten Lösungsansätze zu prüfen, die gegebenenfalls mit geringeren Belastungen einhergehen könnten". 

Landtagsabgeordneter Markus Hofmann. Foto: Privat

Landtagsabgeordneter Markus Hofmann (Grüne): Im Rahmen der Diskussion um die Haldenabdeckung in Neuhof-Ellers ist es wichtig, nochmal darüber nachzudenken, warum Maßnahmen zur Verhinderung von salzigen Abwässern notwendig sind. Die Haldenabwässer durch den Kalibergbau von K+S wären ein riesiges Umweltproblem für unsere heimische Region, wenn sie nicht seit 2013 per Pipeline und zuvor mit täglich über 70 LKW zur Werra transportiert und eingeleitet würden. Unser Grund- und Trinkwasser würde versalzen, mit allen negativen Folgeschäden. Der Transport nach Philippsthal und die Einbringung in die Werra hat dieses Problem nicht gelöst, sondern nur verlagert. Das ist auf Dauer nicht hinnehmbar, zumal eine EU-Vertragsverletzungsklage im Raum stand. Seit die Grünen das Umweltministerium übernommen haben, arbeitet die Koalition stetig daran, Ökologie und Ökonomie in der Kaliregion besser zu vereinbaren. Daher haben wir neben dem Schutz der Gewässer und des Grundwassers auch die Kaliproduktion im Blick, die weiterhin möglich sein wird.

Fest steht, die salzhaltigen Abwässer müssen weiterhin erheblich reduziert werden. Das Unternehmen K+S muss sich seiner Verantwortung bewusst sein, gemeinsam mit dem Land Hessen sowie mit der Flussgebietsgemeinschaft Weser (FGG-Weser), an der Umsetzung der Maßnahmen zur vollständigen Reduktion von salzhaltigen Haldenwässer zu arbeiten. Der FGG Weser gehören neben Hessen auch Bayern, Niedersachsen, Bremen, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und Thüringen an. K+S ist als Verursacher verpflichtet, die Kosten dieser Maßnahmen zu tragen und die Finanzierung durch entsprechende Sicherheitsleistungen auch über einen sehr langen Zeitraum zu sichern.

Ziel einer Haldenabdeckung ist es, die Entstehung salzhaltiger Haldenwässer durch Produktion und Niederschlag stark zu reduzieren, im Idealfall zu verhindern und somit Ewigkeitslasten zu vermeiden. Denn unabhängig, ob weiter Kali abgebaut wird oder nicht, entstehen durch Regen salzige Haldenwässer, und das die nächsten 700 bis 1000 Jahre. Es steht also außer Frage, dass etwas getan werden muss. Es gibt verschiedene Abdeckverfahren, wobei die sogenannte Dickschichtabdeckung als die aktuell Wirkungsvollste im Raum steht. Allerdings ist sie sehr aufwendig, denn der Monte Kali ist riesig.

Wenn eine Dickschichtabdeckung zum Tragen kommen sollte, müssten die Belastungen für Umwelt und Bevölkerung so gering wie möglich sein. Eine Bauzeit von über 100 Jahren ist nicht akzeptabel und über die Qualität das Deckmaterials sollte nochmals nachgedacht werden. Im Rahmen eines Mediationsverfahrens könnten alle beteiligten Akteurinnen und Akteure Gehör finden: Träger öffentlicher Belange, also Kommunen und Landkreis aber auch Naturschutzbehörden und die Bevölkerung. Die Region hat über viele Jahrzehnte sehr stark wirtschaftlich vom Kaliabbau profitiert und wird dies auch weiterhin tun. K+S ist mit seinen 700 Mitarbeitenden und 50 Auszubildenden größter Arbeitgeber der Region. Ich verfolge die täglichen Zuspitzungen mit Sorge und setze mich für einen sachlichen und fachlich fundierten Dialog zwischen allen Beteiligten ein. Wir müssen alle an einem Strang ziehen, denn Wasser ist für uns alle ein hohes Gut, das es zu schützen gilt.


Anmerkung der Redaktion: Auch die beiden Grünen-Landtagsabgeordneten Silvia Brünnel und Markus Hofmann waren angefragt worden. Eine Stellungnahme von Markus Hofmann wurde abgegeben, dann aber mit dem Hinweis auf eine erwartete Äußerung des Hessischen Umweltministeriums zunächst wieder zurückgezogen. Sie wurde am Dienstagmittag nachgeliefert und ist hier veröffentlicht. (Bertram Lenz) +++ 

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