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Jochen Wieloch blickt durch - Grafik & Fotos: Nicole Wagner

REGION Achtung Satire!

WIELOCHS WIRRE WELT (26): Mama Mia! – Muttertag und Mähmaschine

09.05.14 - Noch zwei Tage, bis sich viele Männer in der Region ihre Brötchen zum Frühstück wieder mal selbst schmieren müssen. Dann heißt es Muttertag. Das ist die definierte Zeitspanne von maximal 24 Stunden, die sogar überzeugte Machos ihren Mamis bzw. Ehefrauen zum Regenerieren einräumen. Eine Frage brennt: Was soll man schenken? Blumen und Süßigkeiten sind langweilig, einen neuen Wischmopp gab’s erst zu Weihnachten, Topfset und Kittelschürze sind noch in Ordnung, und die Dampfbügelstation ist für den Geburtstag reserviert. Wer wirklich bei seiner Frau nachhaltig punkten will, dem bleibt eigentlich nur eine Möglichkeit, um der Mutti des Hauses grenzenlose Dankbarkeit zu offenbaren. Stichwort: akkubetriebener Mähroboter mit effizienter Schnittstrategie und satellitengestützten Multisensoren. Überreicht mit den Worten „Damit hast du in Zukunft endlich mehr Zeit für die wichtigen Dinge des Lebens: Abwasch, Staubwischen und Bügelwäsche" verfehlt dieses 11,2 Kilo schwere Präsent seine Wirkung auch am Muttertag garantiert nicht.

So weit, so gut. Doch eine Mama hat nicht nur einen Gatten, der sie mit einer sündhaft teuren Mähmaschine beschenkt. Da ist ja noch der Nachwuchs. Und der präsentiert sich, speziell im Kindergartenalter, am Muttertag oft extrem knauserig. Weil die Rotzlöffel ihre 50 Cent monatliches Taschengeld lieber in Kaugummi als in ein Kaffeeservice der neuen „Anmut Flowers"-Kollektion von Villeroy & Boch investieren, muss sich die erwartungsvolle Mutti meistens mit einem selbst gemalten Bild zufrieden geben.

Theoretisch könnte auch das beglücken. Doch nur die wenigsten Hosenscheißer verfügen über ernsthaftes Grundlagenwissen in Abstraktem Expressionismus, Dadaismus, Pop Art oder Frankokantabrischer Höhlenkunst. Auch Hispano-flämische Schule oder Analytische Kunst sind den meisten Kleinen unbekannt. So verwundern die mehr als bescheidenen Ergebnisse der Kunstbanausen nicht: Was Kinder als Muttertags-Präsent zu Papier bringen, ist widerliches Gekritzel, furchtbares Geschmiere, schlichtweg eine riesige Sauerei. Der eigentliche Skandal: Weil keine Mutti ihren Sprössling am Muttertag vor der versammelten Mannschaft bloß stellen will, wird geheuchelt was das Zeug hält. Kostprobe gefällig? „Das hast du ganz alleine gemalt? Das ist ja traumhaft schön. Und diese Farben. Wie räumlich das aussieht. Und so sauber. Mensch, hast du den Papa und mich gut getroffen. Das rahmen wir gleich und hängen’s neben den Fernseher. Du wirst mal ein Künstler!"

So ein verlogenes Gesäusel bringt nicht mal ein Politiker im Wahlkampf zustande. Als werdender Vater und Nebenfach-Soziologe rate ich Ihnen, liebe Mamis: Sagen Sie Ihren Kindern am Sonntag endlich die Wahrheit. Seien Sie ehrlich, aber trotzdem einfühlsam und sensibel. Etwa so: „Den Dreck hast du fabriziert? Willst du mich verarschen? Das sind doch keine rechten Winkel. Für diesen Schrott ist das Papier zu schade. Das Bild hat ja weder eine Primär- noch eine Sekundärebene. Du gehst heute ohne Essen ins Bett. Dein Geburtstagsgeschenk kannst du vergessen. Hierüber reden wir noch. Los, mit dem Gesicht an die Wand und ab auf die stille Treppe!" Jetzt nehmen Sie den Wisch und reißen ihn im Zeitlupentempo der Länge nach durch. Immer wieder und wieder.

Noch ein Tipp an alle Kleinen: Lasst Euch vom Papi das Taschengeld für die nächsten 20 Jahre vorstrecken und kauft eins dieser sündhaft teuren Kunstwerke, die auf Namen wie „Weißer Kreis im Schnee" oder „Das schwarze Kreuz bei Nacht" getauft wurden. Das schenkt Ihr Eurer Mama zum Muttertag und tut so, als hättet Ihr selbst zum Pinsel gegriffen. Wenn sie losmotzt und das Exponat in limitierter Auflage in den Müllcontainer stopft, reagiert Ihr cool: „Von dem Anschaffungspreis hätten die Menschen in Äthiopien drei Monate leben können." Wetten, dass der Muttertag noch harmonischer wird als sonst? (JOCHEN WIELOCH) +++


HINTERGRUND: „Wielochs wirre Welt" erscheint heute am 26. Freitag in Folge bei OSTHESSEN|NEWS. Jochen Wieloch (37) blickt dabei pointiert, humorvoll und teilweise mit einer gehörigen Portion Ironie auf die Ereignisse, die die Menschen in der Region und im Land bewegen. Der Petersberger kennt sich als selbstständiger Redakteur in den Medien Print, TV und Internet bestens aus, ist Buchautor und als Spezialist für Unterhaltungselektronik gefragter Autor für zahlreiche Verlage, Magazine und Fachzeitschriften. Außerdem berät und betreut der 37-Jährige Unternehmen in allen Fragen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Neben dem ZDF, 3sat und dem Bayerischen Rundfunk arbeitete Jochen Wieloch unter anderem auch für die Motor Presse in Stuttgart und auto-tv in München. Für osthessen-tv.de stellt der Germanist neuerdings regelmäßig automobile Neuheiten in Filmbeiträgen vor. +++

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...und riskiert auch mal was Freches


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