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Markus Söder, CSU-Spitzenkandidat und Ministerpräsident von Bayern, dürfte mit dem Wahlergebnis zufrieden sein. - Foto: Peter Kneffel/dpa

MÜNCHEN Söder siegt

ARD-Hochrechnung: CSU stärkste Kraft in Bayern

09.10.23 - Rechts der CSU hat sich in Bayern die AfD fest etabliert. Und auch die Freien Wähler buhlen erfolgreich um rechtskonservative Wähler. Für die CSU heißt das: kleinere Brötchen backen.

Die CSU von Ministerpräsident Markus Söder ist bei der Landtagswahl in Bayern klar stärkste Kraft geworden - allerdings mit einem historisch schwachen Ergebnis. Die Freien Wähler mit Spitzenkandidat Hubert Aiwanger gewinnen dagegen laut den ersten Hochrechnungen von ARD und ZDF deutlich hinzu.

Beide Parteien können ihr Regierungsbündnis wie angestrebt fortsetzen. Ein dickes Plus verbucht auch die rechte AfD, während die Grünen leicht verlieren. Die FDP sackt ab und dürfte deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern und aus dem Landtag fliegen.

Ein Mann in bayerischer Tracht steht in einem Wahllokal in Schwangau. ...Foto:Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Nach den Hochrechnungen kommt die CSU auf 36,7 bis 36,9 Prozent. Damit rutscht die Partei, die im Freistaat seit 65 Jahren den Regierungschef stellt, noch unter ihr desaströses Ergebnis von 2018 (37,2 Prozent). Schon damals war sie um mehr als 10 Punkte abgestürzt.

Die Freien Wähler verbessern sich deutlich auf 14,0 bis 14,1 Prozent (2018: 11,6). Die Grünen verlieren leicht auf 15,6 bis 15,9 Prozent und kommen an ihr Rekordergebnis von 17,6 Prozent aus dem Jahr 2018 nicht heran.

Die AfD gewinnt stark dazu auf 15,1 bis 15,8 Prozent (10,2). Die SPD erreicht dagegen nur magere 8,4 bis 8,5 Prozent (9,7) - dies wäre das schlechteste Ergebnis bei einer Bayern-Wahl überhaupt.

Die FDP dürfte mit 3 bis 3,1 Prozent den Einzug ins Parlament verpassen (5,1). Die Wahlbeteiligung wird mit 72,5 bis 76,0 Prozent angegeben; 2018 waren es 72,4 Prozent.

Die CSU erhält laut den Prognosen 83 bis 84 Sitze im Landtag. Die Freien Wähler kommen auf 32 Sitze und die Grünen auf 35 bis 36 Mandate. Die AfD bekommt 34 bis 36 Sitze, die SPD 19 Sitze.

Söder: Klarer Auftrag an CSU und mich persönlich

CSU-Chef Markus Söder sieht sich nach der bayerischen Landtagswahl persönlich bestätigt. «Es ging uns nie um einen Schönheitspreis, aber um einen klaren Regierungsauftrag», kommentierte Söder in der ARD die erste Prognose, derzufolge die CSU bei 37 Prozent liegt - weit vor allen anderen Parteien, aber nach historischen Maßstäben eines der schlechtesten CSU-Ergebnisse seit 1949.

«Dieser klare Regierungsauftrag ist an die CSU», sagte Söder. «Und ich darf das sagen: Wie ich gesehen habe, dass über 60 Prozent der Meinung sind in Bayern, dass auch dieser Ministerpräsident gute Arbeit macht, sind auch ein klarer Auftrag an die CSU und mich persönlich, eine starke und stabile Regierung für und in Bayern zu bilden.»

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann zeigt sich ebenfalls sehr zufrieden mit dem Abschneiden von CDU und CSU bei den Landtagswahlen. «Markus Söder hat einen tollen Wahlkampf gemacht», sagte Linnemann in der ARD über den CSU-Chef. Dieser habe in Bayern nun den Regierungsauftrag.

Am Zeitplan für die Nominierung eines Unions-Kanzlerkandidaten will er nicht rütteln. Es bleibe dabei: «Nach dem Sommer, im frühen Herbst, werden wir diese Entscheidung fällen», sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann im ZDF.

Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, sieht nach den Prognosen zur bayerischen Landtagswahl einen klaren Regierungsauftrag für die CSU. «Die Koalition ist bestätigt worden», sagte Dobrindt am Sonntagabend in der ARD. Die CSU habe in den vergangenen Wochen noch einmal zulegen können. «Und deswegen liegt der Regierungsauftrag ja eindeutig bei der CSU.» Dobrindt sprach von einem guten Ergebnis.

Kühnert: Bitterer Abend für SPD

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert wertet das Ergebnis der Landtagswahlen als bitter für seine Partei und für die Ampel-Koalition gewertet. «Wir sind heute Abend ausdrücklich nicht die Wahlsieger», sagte Kühnert im ZDF. Die drei Parteien der Ampel-Koalition hätten in beiden Bundesländern verloren.

«Wir sollten die Signale alle miteinander in der Ampel-Koalition erkennen: In diesem Wahlergebnis liegt auch eine Botschaft für uns», sagte Kühnert. In der ARD sagte er, man müsse erkennen, dass «die allgemeine Stimmungslage den Menschen aufs Gemüt drückt und dass mehr Orientierung erforderlich ist».

Die Wahlkampfthemen der SPD haben laut ihrem Spitzenkandidaten, Florian von Brunn, in Bayern «nahezu keine Rolle gespielt». «Andere Themen, die schwierige Lage insgesamt, in Deutschland, in Europa, haben diesen Wahlkampf komplett überlagert», sagte von Brunn bei der Wahlparty der SPD in München. Man habe es nicht geschafft, die eigenen Themen zu den dominanten des Wahlkampfs zu machen. Das Ergebnis seiner Partei bei der Landtagswahl in Bayern sei eine «Enttäuschung».

Nouripour: Grüne stabil

Der Grüne Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Bayern, Ludwig Hartmann, zeigt sich mit dem Ergebnis seiner Partei zufrieden. Es sei das zweitbeste in ihrer Geschichte bei einer Landtagswahl in Bayern - obwohl man einen «sehr aufgeheizten Wahlkampf» gehabt habe, sagte er am Sonntagabend. «Die Grünen haben ein sehr starkes Fundament in Bayern, auch wenn der Wind etwas stärker ins Gesicht bläst.»

Es mache ihn nachdenklich, dass es gerade einen gewissen Rechtsrutsch in Bayern gebe, sagte Hartmann. Markus Söder habe faktisch den Populismus wieder nach Bayern gebracht, «was auch die AfD gestärkt hat», kritisierte er. Dennoch betonte Hartmann, dass er bereit für Gespräche sei.

Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour bezeichnet die Wahlergebnisse seiner Partei bei den Landtagswahlen als stabil. Die Grünen hofften, bei beiden Wahlen zweitstärkste Kraft zu werden, sagte Nouripour in der ARD. Die Grünen stünden für Verantwortung. Seine Partei hat den Prognosen zufolge verloren.

Als «erschreckend» bezeichnete er das Abschneiden der AfD, die in beiden Ländern hinzugewonnen hat. Das sei auch ein Auftrag für die Ampel-Koalition, wieder Vertrauen zurückzugewinnen.

Trotz der Verluste der Grünen spricht die Bundesvorsitzende Ricarda Lang ebenfalls von stabilen Ergebnissen. «Es sind stabile Ergebnisse, auch wenn es nicht das ist, was wir uns vielleicht gewünscht hätten», sagte Lang im ZDF nach den ersten Prognosen. Das sei eine gute Basis für die Zukunft. Mit Sorgen beobachte man, dass alle drei Ampel-Parteien, also SPD, Grüne und FDP, nicht dazugewinnen konnten.

Freie Wähler mit Plus trotz Flugblattaffäre

Aiwanger Foto: dpa

Foto: dpa

Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger zeigt sich nach der ersten Prognose zur bayerischen Landtagswahl zufrieden gezeigt. «14 Prozent wären schon ganz ordentlich», sagte Bayerns stellvertretender Ministerpräsident im Bayerischen Rundfunk kurz nach Schließung der Wahllokale. Er gehe davon aus, dass der Wert für die Freien Wähler noch nach oben gehe, doch es sei schon jetzt ein hervorragendes Ergebnis. «Wir sind zufrieden», sagte er.

Aiwanger und seine Freien Wähler gewannen deutlich hinzu - trotz oder wegen der Affäre um ein antisemitisches und menschenverachtendes Flugblatt, das bei dem heute 52-Jährigen zu Schulzeiten gefunden wurde.

Als Verfasser hatte sich Ende August sein Bruder bezichtigt. Nach einigen Tagen bat Aiwanger zwar um Entschuldigung und betonte, nie ein Judenhasser gewesen zu sein. Zugleich ging er aber zum Gegenangriff über und beklagte eine politische Kampagne gegen sich. In Umfragen erlebten die Freien Wähler danach einen Höhenflug.

Söder hielt trotz großen Drucks an Aiwanger als Wirtschaftsminister und Vize-Regierungschef fest - um die «Verhältnismäßigkeit» zu wahren und wohl auch wegen der angestrebten Neuauflage der Regierungskoalition. Ein ebenfalls mögliches schwarz-grünes Regierungsbündnis hat Söder immer wieder kategorisch ausgeschlossen.

Weidel: AfD-Ergebnisse auch Zeichen für Unzufriedenheit

Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel zeigt sich hocherfreut über das Abschneiden ihrer Partei. Weidel sprach in der ARD von Rekordergebnissen.

«Unsere Politik gibt uns Recht», sagte Weidel. Sie wertete die Stärke ihrer Partei auch als Zeichen für die Unzufriedenheit der Menschen mit der «Verbotspolitik» der Bundesregierung. Mit Blick auf den Bund sprach sie von einer realistischen Chance auf eine Regierungsbeteiligung 2025.

FDP-Spitzenkandidat Hagen: Trauriger Tag für Liberalismus

Aus Sicht von FDP-Spitzenkandidat Martin Hagen ist der Wahlsonntag ein trauriger Tag für den Liberalismus in Bayern. «Die FDP hat ihr Wahlziel, den ersten Wiedereinzug seit 1978 in den Bayerischen Landtag zu schaffen, verfehlt», sagte Hagen kurz nach 18 Uhr auf der Wahlparty seiner Partei in München. «Es ist uns in aufgeheizten und polarisierten Zeiten nicht gelungen, mit unserer Botschaft bei den Wählern durchzudringen.»

Er übernehme als Spitzenkandidat «natürlich» die Verantwortung für das Wahlergebnis, sagte Hagen. «Wir werden die Ursachen dieser Niederlage in den Parteigremien umfassend analysieren.» Jetzt drücke man den Parteifreunden in Hessen die Daumen, denn «für die ist noch ein langer Wahlabend.»

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai reagiert indes kurz angebunden auf das schlechte Abschneiden seiner Partei. «Aus Sicht der FDP sind die derzeit vorliegenden Zahlen aus Bayern enttäuschend. In Hessen bleibt es spannend», sagte er in Berlin.

Die FDP-Gremien würden morgen die Ergebnisse beider Landtagswahlen auswerten, sagte Djir-Sarai. «Wir werden aber auch innerhalb der Koalition diese Ergebnisse analysieren und besprechen.»

Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP im Minus

Alle drei Parteien der Berliner Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP mussten Verluste hinnehmen im Vergleich zur Wahl von vor fünf Jahren - analog zu den aktuell schlechten Umfragen auf Bundesebene. Söder hatte die Landesverbände Ende September als «euphorische Ampel-Klatscher» verspottet.

Stimmberechtigt im flächenmäßig größten Bundesland, das etwa so groß wie Irland ist, waren rund 9,4 Millionen Menschen. Beim Wahlrecht gibt eine Besonderheit. Für die Sitzverteilung werden alle Erst- und Zweitstimmen zusammengezählt und in Mandate umgerechnet. Das heißt: Die Erststimme ist für die Sitzverteilung genau gleich wichtig wie die Zweitstimme.

Für Söders bundespolitische Ambitionen, von ihm selbst regelmäßig zurückgewiesen, könnte das Wahlergebnis ein Dämpfer sein - zumindest wenn die CDU ihre Wahlen bis zur Kür des Unionskanzlerkandidaten im Herbst 2024 nicht ebenfalls in den Sand setzt. Zur Erinnerung: Früher holte die CSU regelmäßig absolute Mehrheiten, mit Edmund Stoiber an der Spitze vor 20 Jahren sogar eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Inzwischen ist schon die 40-Prozent-Marke fast außer Reichweite geraten.

CSU entdeckte im Wahlkampf das Migrationsthema

Tatsächlich befindet sich die CSU längst in einer neuen Zeitrechnung: Rechts von ihr hat sich nicht nur die AfD eingenistet. Auch die Freien Wähler ziehen im rechtskonservativen Spektrum immer mehr Wähler an. Viele Bürger beunruhigt das: Am Mittwochabend waren zu einer Demonstration unter dem Motto «Bayern gegen Rechts» in München nach Polizeiangaben rund 35.000 Menschen auf der Straße.

Im Wahlkampf hatte sich auch die CSU betont konservativ präsentiert und wie bereits 2018 das ansonsten lange bewusst ausgeklammerte Migrationsthema wieder entdeckt. Hatte Söders Vorgänger Horst Seehofer jahrelang eine Obergrenze für Zuwanderer gefordert, verlangte Söder nun eine «Integrationsgrenze» von etwa 200.000 einreisenden Migranten pro Jahr.

Die Koalitionsmöglichkeiten

Markus Söder (CSU) und Hubert Aiwanger (Freie Wähler) wollen ihre Regierung in Bayern fortsetzen. Nach der Wahl müsse gelten, was vor der Wahl versprochen worden sei, sagte Söder in der ARD. Er wolle eine bürgerliche Regierung fortsetzen und noch in dieser Woche die ersten Gespräche führen. Aiwanger sagte im ZDF, man wolle keine Unklarheiten aufkommen lassen, sondern innerhalb weniger Tage «klar Schiff» machen und zeigen, dass man weiter gut zusammenarbeite.

Die bayerische Grünen-Bundespolitikerin Claudia Roth appelliert auch an die CSU, nach der Landtagswahl in Bayern mit den Grünen Gespräche über eine Regierungsbildung aufzunehmen. Demokraten sollten miteinander gemeinsam überlegen, «was die beste Regierung für Bayern wäre», sagte die Kulturstaatsministerin im Bund in München. Demokraten sollten miteinander reden und sondieren, was das Beste wäre für das Land, sagte sie im Fernsehen des Bayerischen Rundfunks. (dpa) +++

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