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Wasserversorgungsproblem: Tankwagen bringen täglich 60 Kubikmeter Wasser
02.08.18 - Einen Rekord hat Edwin Schneider für sich exklusiv: Er ist stolzer Bürgermeister der höchstgelegenen Stadt Hessens - Ulrichstein. Neben der wunderbaren Aussicht und vielen touristischen Attraktionen hat die Kommune jedoch momentan ein großes Problem, was Bürgermeister Schneider Kopfzerbrechen bereitet: Die Wasserversorgung von 1.000 Einwohnern in der Kernstadt.
Seit über 100 Jahren kommt das Wasser aus dem Oberwald. "Das Wasser reicht aber nicht mehr aus. Außerdem war es im letzten Jahr verkeimt", so Schneider im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS. Deshalb werden derzeit am Tag bis zu fünf Tanklaster befüllt, die 60 Kubikmeter Wasser nach Ulrichstein transportieren (O|N berichtete bereits). Die Stadt ist momentan nicht das erste Mal auf der Suche nach Wasser. "Vor zwei Jahren haben wir schon einmal 120 Meter gebohrt, um Wasser zu finden." Fündig wurde man nicht. Nun wird nach einer alternativen Lösung gesucht -, die Beschaffung durch Tankfahrzeuge soll auf keinen Fall eine Dauerlösung sein. "Wir werden jetzt noch einmal nach Wasser bohren. Sollte wieder keines gefunden werden, bauen wir die Leitung nach Helpershain, um an den Brunnen in Köddingen anzuschließen." Erste Versuche wurden bereits durchgeführt.
Große Investitionen hat die Kommune bereits in die Optimierung der Kläranlage gesteckt. Mit 2,2 Millionen Euro war es die größte Investition in Abwasser, die Ulrichstein je getätigt hat. Für eine Stadt im ländlichen Raum ist es nicht einfach, solche Investitionen zu tätigen. Eine große Hilfe sind hier die 45 Windanlagen, die als Einnahmequelle dienen. 1,2 Millionen Euro spielen diese jedes Jahr in die Stadtkassen. "Finanziell sind wir nicht gut aufgestellt", gesteht Schneider. "Da wären die Windkraftanlagen bei uns nicht mehr wegzudenken." Einen klaren Appell schickt er an die Landesregierung: "Wir sind aufgrund der gesetzlichen Vorgaben gehalten, kostendeckende Gebühren zu erheben. Dies ist Voraussetzung für die Haushaltsgenehmigungen. Aufgrund des demografischen Wandels ist es leider so, dass die immer weniger werdenden Menschen immer höhere Kosten zu tragen haben. Hier wäre das Land gefordert, dem ländlichen Raum endlich die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen."
Dennoch hat Ulrichstein eine weitere sichere Einnahmequelle: den Tourismus. Zwar boomt dieser nicht mehr so wie in den 80er und 90er Jahren, wo durch den Ferienpark über 100.000 Übernachtungen jährlich gesichert waren, aber mit 11.000 Übernachtungen steht die Stadt im Vergleich zu anderen Gemeinden in diesem Größenvergleich im Vogelsberg gut da. "Der Tagestourismus macht viel aus." Doch auch für die, die länger Ulrichstein und die Umgebung erkunden wollen, gibt es noch ein paar Lokale für Übernachtungen. Auch der Wohnmobilstellplatz direkt am Badebiotop gelegen, ist gerade im Frühjahr und Sommer ein beliebtes Ziel der Touristen. Neben dem Badebiotop gibt es noch andere Attraktionen zu entdecken: "Der Vogelsberggarten ist das Aushängeschild für die ganze Region. Dort werden Pflanzen gezüchtet, die vom Aussterben bedroht sind." Auf sechs Hektar rund um die Burgruine ist der Garten ganzjährig geöffnet.
"Ohne die große ehrenamtliche Arbeit könnten diese ganzen Infrastrukturen nicht aufrechterhalten werden", ist sich Schneider sicher. Deshalb findet er dafür nur lobende Worte. 4.000 ehrenamtliche Stunden wurden beispielsweise zuletzt beim An- und Umbau der Feuerwehr in Bobenhausen geleistet. Auch Arbeiten an den Dorfgemeinschaftshäusern führen die Einwohner eigenständig durch. "Die Stadt stellt lediglich das Geld zur Verfügung." Trotz den typischen ländlichen Problemen ist Ulrichsteine eine Stadt, in der die Menschen gerne leben. Die Nachfrage an Immobilien oder Neubaugebieten ist da - in Feldkrücken wurde erst kürzlich ein Neubaugebiet erweitert, vier Bauplätze sind bereits verkauft, zwei reserviert. Unter anderem an eine Familie aus Ulrichstein, die zwar beide in Bad Vilbel arbeiten, aber trotzdem gerne die weite Strecke jeden Tag in Kauf nehmen wollen, um auch weiterhin Vogelsberger zu sein. (Luisa Diegel) +++