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Hier wird nicht deutsch, sondern „bahnisch“ und „technisch“ gesprochen… - Foto: goa

FULDA / BAD HERSFELD Berufe. Berufungen. Menschen (25)

Jennifer Rauch: Teilprojektleiterin im Großprojekt der ICE-Streckensanierung

14.08.23 - Fulda ist nicht nur eine tolle Stadt mitten in Deutschland, sondern zum Glück auch verkehrstechnisch sehr gut zu erreichen. Gerade auch dank der hervorragenden Bahnverbindung an der Hochgeschwindigkeitsstrecke Hannover – Würzburg. Seit Anfang April und noch bis Dezember saniert die Bahn allerdings den 30 Jahre alten Abschnitt zwischen Kassel und Fulda von Grund auf unter Vollsperrung, O|N hatte berichtet. Schließlich soll die Strecke auch für die Zukunft gerüstet sein. Die Teilprojektleitung der gigantischen Baumaßnahme mit einem Kostenvolumen von einer Viertelmilliarde Euro liegt bei einer Frau aus der Region: Jennifer Rauch. Sie stand OSTHESSEN|NEWS Rede und Antwort.

Fotos: DB

Foto: goa

Johannes Oerding spielte kürzlich auf dem Domplatz Open Air – ein Hammer-Konzert (O|N hatte darüber berichtet). Ob Johannes mit der Bahn anreiste wie im aktuellen DB-Personenverkehrswerbespot, wo er innerhalb eines Tages zu vier Quickie-Konzerten mit dem ICE von Münster bis Ulm spurtet, ist nicht überliefert. Von Kassel aus geht es derzeit jedenfalls nicht über die Schnellfahrstrecke, denn von dort bis Fulda wird der Highspeed-Schienenweg als vierter und letzter Teilabschnitt saniert. Beeindruckende Zahlen: 163 Kilometer neue Gleise, 196.000 Schwellen, 150.000 Tonnen Schotter, 70 zu erneuernde Weichen, 250 Mitarbeitende von DB und beauftragten Firmen arbeiten im Tag- und Nachtbetrieb, unter anderem mit Hilfe der größten Gleisbaumaschine Europas. Über die Baumaßnahme hatte O|N Mitte Mai berichtet (Internationales Team auf der ICE-Strecke: 163 Kilometer Gleise werden erneuert - Osthessen|News (osthessen-news.de)). Jennifer Rauch dürfte bei diesen Zahlen und Fakten inzwischen längst keine Gänsehaut mehr bekommen, denn die 36-jährige Projektleiterin bewarb sich 2019 als Teilprojektleiterin dieses DB-Mammutvorhabens und erhielt den Zuschlag. "Da wurde ein Traum für mich wahr!", sagt sie im Interview. 2003 hat sie bei der Bahn angefangen, ist gelernte Industriekauffrau, wurde dann noch berufsbegleitend Betriebswirtin mit dem Schwerpunkt Projektmanagement. Sie durchlief viele Bereiche der Bahn und kam geografisch herum, dass es aber mit der Übertragung der großen Verantwortung bei der viergeteilten Streckensanierung zwischen Hannover und Würzburg bereits in die Champions League der Bestandsnetzerneuerung bei der Bahn gehen würde, war ja nicht vorherzusehen.

Jennifer Rauch mit ihrem Kollegen Jürgen Pfeiffer, Fulda Foto: goa

Ihr Arbeitsplatz liegt nicht an der eigentlichen Baustelle, sondern die Projektleitung befindet sich in einem Bürokomplex im Industriegebiet von Bad Hersfeld. "Wir liegen gut im Plan, ich bin zufrieden. Eine besondere örtliche Herausforderung in diesem vierten Abschnitt ist die hohe Zahl von 27 Tunneln und 18 Brücken. Material und sonstige gleisgebundene Versorgung der Baustelle ist nur über Kassel und Fulda möglich, nicht wie sonst über kurze Anfahrtswege." Ihre Stimme bleibt sachlich und unaufgeregt - dieser Umstand war Teil der minutiösen Vorplanung. Sie und ihr Team haben ihren Job zu weiten Teilen ja bereits im Vorfeld gemacht. Das zeigt sich auch besonders deutlich bei einem anderen Aspekt: "Ja, die Problematik der Materialknappheit und damit drastisch gestiegener Preise im Baugewerbe bekommen wir natürlich auch mit. Aber nur am Rande, denn wir hatten bei diesem langfristig geplanten Großprojekt bereits sehr vorausschauend disponiert und reichlich Material vorproduziert und voreingelagert! Das war vielleicht auch ein bisschen Glück, aber vor allem - und gerade das - Ergebnis unserer Arbeit", sagt sie ohne Überheblichkeit. "Ich bin ein sehr emotionaler Mensch, das ist manchmal gut und manchmal weniger gut", lässt sie durchblicken. Dass die Verantwortung für so ein Projekt auch zumindest temporär hochgradigen Stress mit sich bringt, verhehlt sie nicht: "Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass wir das Planungsziel einhalten und die Strecke am 9. Dezember wieder freigegeben werden kann. Da liest man auch am Wochenende die E-Mails und trifft Absprachen, auch wenn man gerade keinen Dienst hat, denn die Bauarbeiten der Fremdfirmen ruhen natürlich nicht."

Zwei besondere Anreize

Jennifer Rauch beschreibt zwei Aspekte ihres derzeitigen Jobs, die dem Ganzen die Krone aufsetzen. Zum einen fällt auf, dass sie immer wieder vom "Team" spricht. Das ist weder Floskel noch Zufall: "Über etliche Jahre hat sich ein super eingespieltes Projektteam gebildet, manche Mitarbeiter sind schon viele Jahre dabei. So erklärt sich, dass nicht selten auch Kollegen, die in Pension gehen, noch Kontakt halten und pflegen. Für mich war es eine wichtige Grundlage meiner Bewerbung, dass gerade DIESES Team im Projekt tätig ist." Wenig überraschend erscheint dann auch der zweite Bonuspunkt, quasi das "Alleinstellungs-Leckerli" des Projektes: "Ich wohne derzeit im Jossgrund im Main-Kinzig-Kreis. Der Main-Kinzig-Kreis ist meine Heimat von Kind auf. Ich habe also bei der Strecke Hannover – Würzburg ein echtes Heimspiel, und das ist mir wirklich sehr wichtig. Ganz allgemein steht bei mir über meiner Arbeit das Gefühl, mit genau dieser Arbeit etwas zu tun, was uns weiterbringt und zu etwas führt. Schienengebundene Schnellfahrstrecken, die die Menschen miteinander verbinden und dann die bessere Alternative zum Verkehrsmittel Flugzeug sind, gehören für mich absolut dazu! Nach alledem kann ich wirklich sagen: Diese Teilprojektleitung gerade hier in der Region ist für mich "mein Baby"! Es ist phantastisch, mit dem Auto auf dem Weg von zu Hause an der Strecke vorbeizufahren und zu wissen, dass man seinen Beitrag für die Zukunftsfähigkeit bringt."

Und danach?

Wenn alles weiter erfolgreich verläuft, wird sich Jennifer Rauch ab Dezember wieder vermehrt ihren Hobbies widmen können: Mountainbiken, Wandern, Saunieren, Sushi genießen und ihrem vielfältigen Musikgeschmack frönen, der sie kürzlich zu Guns'n'Roses ins Waldstadion und zu Philipp Poisel in den Fuldaer Museumshof führte.

Auf einen Knüller freut sie sich für die Zeit "danach" besonders: ihr Bully-Wohnmobil ist eine Herzenssache. Der wird mit ihr wohl für ein bis drei Monate in Europa unterwegs sein oder sie wird sich eine längere Auszeit in Kanada gönnen und das Land durchreisen. Ohne Teammeetings und EILT-Emails am Wochenende… Und dann? "Das wird sich noch zeigen", lächelt sie und fügt vielsagend hinzu: "Die Bahn erneuert ja in den nächsten Jahren viele Hochleistungskorridore! Mal sehen, was das für mich bedeuten wird." (goa) +++

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