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Zum Schutz heutiger und vor allem künftiger Patienten gibt es ein Besuchsverbot im Klinikum Fulda. - Fotos: Hendrik Urbin

FULDA Gastkommentar zur Corona-Lage

Priv.-Doz. Dr. med. Thomas Menzel: Wir schützen uns, um helfen zu können

Zur Person Dr. Thomas MenzelPriv.-Doz. Dr. med. Thomas P. Menzel (56) ist Facharzt für Innere Medizin mit den Schwerpunkten Gastroenterologie und Hämatologie/ internistische Onkologie sowie Zusatzqualifikationen als ärztlicher Qualitätsmanager und Diplom-Gesundheitsökonom. 2004 hat er sich für das Fach Innere Medizin habilitiert. Seit Mai 2011 ist Dr. Menzel hauptamtlicher Vorstand der Klinikum Fulda gAG und trägt dort die Verantwortung für die Krankenversorgung.

16.03.20 - Mit diesem Wochenende ist alles anders geworden. Auch bei uns. Die Vorstellung, dass auch wir unser Leben grundlegend umstellen müssen, schien lange Zeit unwirklich. Aber das neuartige Coronavirus wird sich nicht aufhalten lassen. Darum sind alle Anstrengungen, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen, jetzt von entscheidender Bedeutung. Denn dadurch können wir die Zahl der behandlungsbedürftig Erkrankten über einen längeren Zeitraum verteilen und die Menschen in den Krankenhäusern besser behandeln. Diese Entschleunigung nutzt allen: Den akut Kranken, den Menschen, die in den Krankenhäusern arbeiten und jetzt noch mehr gefordert sind als ohnehin schon, und denen, die einstweilen noch gesund sind. Die Rücksichtnahme, die wir fordern, gilt uns allen. Vor allem den künftig Erkrankten.
 
Was ist aus Sicht der Krankenhäuser jetzt zu tun?
 
Die Krankenhäuser konzentrieren ihre Planungen auf einen stetigen Anstieg von COVID-19 -Patienten.
 
1. Wir brauchen Behandlungsplätze.

Die Entwicklung in Italien zeigt, dass insbesondere die Behandlungs- und Beatmungsmöglichkeiten auf den Intensivstationen entscheidend sind. Überwiegend alte Menschen mit schwersten Lungenentzündungen werden dort intensiv behandelt, sofern ein Platz zur Verfügung steht. Die aktuellen Daten zeigen, dass etwa jeder 10. COVID-Kranke eine intensivmedizinische Behandlung braucht, zu der immer die Möglichkeit der Beatmung zählt. Und sie zeigen auch, dass nahezu 90 Prozent der 827 Patienten, die bis zum 11. März in Italien verstorben sind, mindestens 70 Jahre alt waren. 
 
In Deutschland stehen etwa 28.000 Intensiv-Behandlungsplätze zur Verfügung. Diese sind – ohne Corona-Pandemie – im Durchschnitt zu über 80 Prozent ausgelastet. Wir behandeln dort zum Beispiel Menschen nach einem akuten Herzinfarkt oder Schlaganfall sowie Unfallopfer, aber auch Menschen nach schweren, aber geplanten Eingriffen. Wenn nun eine noch nicht absehbare Zahl an Corona-Patienten auf uns zukommen wird, müssen wir für diese intensivmedizinische Behandlungsplätze mobilisieren oder schaffen:
Zum einen verschieben die Kliniken von nun an Operationen, die nicht ganz so dringend sind, auf einen späteren Zeitpunkt.  Zum anderen bemüht sich Bundesregierung derzeit, zusätzliche Beatmungsgeräte in großer Zahl zu beschaffen. Das Klinikum Fulda verfügt im Normalbetrieb über mehr als 60 Beatmungsplätze und kann diese mit zusätzlichen Beatmungsgeräten weiter aufstocken.
 
2. Wir brauchen hoch qualifiziertes Personal, um die intensivmedizinische Versorgung zu sichern.

Unser Gastkommentator Priv.-Doz. Dr. med. Thomas Menzel.

Deshalb ist es so wichtig, dass unsere Pfleger und Ärzte möglichst gesund bleiben. Unsere Mitarbeiter sollten sich weder im privaten Umfeld, noch im Klinikum  anstecken. Darum dürfen im Klinikum wirklich nur jene Menschen unterwegs sein, die zur Versorgung schwer kranker Menschen unverzichtbar sind. Diese Mitarbeiter wiederum benötigen ausreichend Schutz- und Desinfektionsmaterial, und wir müssen sie im Zweifel auf eine Corona-Infektion testen können.
Deshalb haben wir Besucherregelungen eingeführt – zum Schutz heutiger und vor allem künftiger Patienten. Und wir fragen uns - und auch die Politik -, ob Pfleger und Ärzte, die beispielsweise in Corona-Risikogebieten waren oder Kontakt mit einem infizierten Menschen hatten, vom Dienst ausgeschlossen werden müssen, wie es derzeit der Fall ist, obwohl sie selbst gesund sind.

3. Wir brauchen Geld, um unsere Mitarbeiter und das notwendige Material zu bezahlen.

Jetzt und nicht irgendwann. Die Liquidität vieler Häuser ist aber derzeit stark angespannt. Manches Krankenhaus könnte an der raschen und engagierten Hilfe in der Stunde der Not selbst betriebswirtschaftlich zugrunde gehen. Das dürfen wir nicht zulassen. Die finanzielle Ausstattung der Krankenhäuser in dieser besonderen Lage muss jetzt konkret  geregelt werden.

Obschon das Wissen über die Erkrankung und über mögliche Behandlungsmethoden mit jedem Tag größer wird: Wir können heute noch nicht alle Fragen beantworten, und manche Antworten, die wir heute geben, sind vielleicht in einigen Tagen nicht mehr gültig. Damit ändert sich auch die Bewertung der Gefahrenlage.
 
Weiterhin gilt: Es gibt allen Grund, das neue Virus ernst zu nehmen. Gleichwohl gibt es keinen Grund zur Panik. Entsprechend konsequent, abwägend und verantwortungsbewusst handeln im Landkreis Fulda dessen Behörden, die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie die Krankenhäuser. Wir alle tauschen uns aus und arbeiten gut zusammen. Wir treffen unsere Vorbereitungen mit Augenmaß, wir handeln nach dem Grundsatz der Vorsicht, und wir passen unser Handeln an den jeweils aktuellen und wissenschaftlich abgesicherten Wissensstand an. (Thomas P. Menzel)+++

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