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"Gott ist ein Camper": Stadtpfarrer Stefan Buß macht die Bibel alltagstauglich
14.11.20 - Seit dem ersten Corona-Lockdown sendet Stadtpfarrer Stefan Buß nicht nur Gottesdienste live im Internet. Erbauliche Hörbeiträge erfreuen als morgendliche Impulse eine weltweite Fangemeinde, zuerst auf der Internetseite der Stadtpfarrei, inzwischen auch auf OSTHESSEN|NEWS. Um die Offline-Welt anzusprechen, erscheinen die Impulse jetzt als Buch.
"Ich bin Stadtpfarrer Stefan Buß aus Fulda" - der Einstieg in die humorvollen Hörbeiträge ist inzwischen zum geflügelten Wort geworden, die Resonanz durch Mundpropaganda groß. Angefangen hat alles Mitte März, der erste Corona-Lockdown ließ die sonst enge Beziehung zu den Gläubigen abrupt abreißen: "Dabei ist es gerade in schwierigen Zeiten wichtig, über Ängste und Sorgen reden zu können. Viele Menschen mussten durch Corona in Kurzarbeit, mussten mit weniger Geld auskommen und wussten nicht, wie es weitergehen soll. Die Morgenimpulse sollen dabei helfen, Orientierung und Hoffnung zu geben, einen positiven Start in den Tag", erklärt Buß. Um eine möglichst breite Zielgruppe anzusprechen, wurden die Hörbeiträge bewusst alltagstauglich gehalten: Camping, Hans im Glück und selbst James Bond werden herangezogen, um Glaubensfragen zu erörtern. "Anfangs haben wir die Audiodateien auf die Website der Stadtpfarrei gestellt, dann kamen drei WhatsApp-Gruppen mit jeweils 500 Mitgliedern dazu, denen die Impulse geschickt wurden. Für ältere Menschen ohne Internet haben wir die Telefonnummer 0661/20 60 24 82 geschaltet, wo der jeweils aktuellste Beitrag angehört werden kann. Das Feedback ist wirklich sehr groß und durchweg positiv: Wir haben Fans in den USA, Indien und Afrika, viele Fuldastämmige im Ausland freuen sich über die seelsorgliche Betreuung durch den heimischen Pfarrer."
Das ungewöhnliche Format in Alltagssprache habe selbst kirchenfremde Menschen positiv überrascht, zum Nachlesen hat Buß die ersten 160 Impulse deshalb jetzt als Buch veröffentlicht: "Impulse am Morgen" ist in Parzellers Buchverlag erschienen, erhältlich ist es auch im Pfarrbüro der Innenstadtpfarrei Fulda. Die großen Herausforderungen der Coronakrise sieht der Stadtpfarrer als Chance: "In der Stadtpfarrkirche können wir unter Einhaltung der Abstandsregeln 100 Einzelplätze bieten, bei Familien sind es 140. Wir mussten schon Gottesdienstbesucher abweisen und versuchen, weitere Besucher im Chorgestühl unterzubringen. Glücklicherweise bieten wir schon seit drei Jahren einen Livestream, erst von der Sonntagsmesse, jetzt sogar täglich. Eine Kamera an der Orgel überträgt ein Livebild des Altarraums, wir können auch mobile Kameras zuschalten. Da sind die Zugriffszahlen beim Lockdown natürlich nach oben gegangen, wir haben teilweise bis zu 7.000 Aufrufe - bei einem einzigen Gottesdienst. So viele Menschen erreicht man als Pfarrer sonst nie."
Während vor allem ältere Menschen dem Gottesdienst auch zu Hause vorm Laptop in Sonntagskleidung lauschen, schätzen Menschen, die schon länger nicht mehr in der Kirche waren, die Bequemlichkeit des Livestreams und machen es sich mit einem Kaffee vor dem Bildschirm gemütlich, so Buß: "Wir haben sehr gute Erfahrungen mit Onlineformaten gemacht, anfangs war das eine Notlösung, jetzt eine echte Alternative. Deswegen bieten wir dieses Jahr an den Adventsdienstagen jeweils um 19:30 Uhr Online-Bibelgespräche an. Die Videokonferenz-Software erlaubt es, Kleingruppen für separate Besprechungen zu schalten, damit ist eine echte seelsorgliche Betreuung möglich." Die humorvollen Audio-Impulse sollen auch weitergeführt werden: "Wir haben im März angefangen, eigentlich wollte ich nur bis Juli machen, bis zu den Sommerferien, bis die Luft raus ist. Aber es kommen immer neue Hörer hinzu." (mau) +++