Künstlerische VitaOliver Urbanski studierte Schauspiel an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch.
Sein erstes Engagement führte ihn an das Berliner Ensemble, wo er mit Luc Bondy, Robert Wilson, Claus Peymann und Peter Zadek arbeitete, dessen Ensemble er sich anschließend für vier Jahre anschloss.
Peter Zadek schrieb in seiner Biografie über diese Zeit: „Wir hatten eine perfekte Besetzung für alle Rollen. Der Narr zum Beispiel war ein junger genialer Schauspieler, Oliver Urbanski, der einfach alles kann. Er spielt fünf Instrumente perfekt, er hat eine eigene Jazzgruppe, inszeniert selbst und ist noch keine dreißig Jahre alt.“
Gastspiele und Tourneen führten ihn zu den Wiener Festwochen, dem Edinbourgh Festival, den Ruhrfestspielen und der Ruhrtriennale.
Neben seiner Tätigkeit an deutschen Theatern ist Oliver Urbanski auch als Conférencier im Musical Cabaret in der Bar Jeder Vernunft Berlin-und in Kino- und Fernsehfilmen zu sehen, zuletzt in der amerikanischen Kinoproduktion Music, War and Love in der Regie von Martha Coolidge.
Als Theatermusiker komponierte und spielte er für 50 Produktionen, für das Deutsche Theater Berlin, die Ruhrfestspiele Recklinghausen, Schauspiel Frankfurt, Schauspielhaus Bochum und das Münchner Volkstheater. Die Schaubühne am Lehniner Platz, für Produktionen der Regisseure Christoph Mehler, Bettina Bruinier, Claus Peymann, Marius von Mayenburg und Peter Zadek.
Er ist Gastdozent an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch. Als Theaterregisseur arbeitete er in Venedig, Italien, Klagenfurt, Österreich und Deutschland. Für die Produktion Das kleine Gespenst der Bad Hersfelder Festspiele, verantwortet er auch die Fassung, die Songtexte und die musikalische Komposition. (bhf)
14.07.23 - Oliver Urbanski kennt die Stiftsruinen-Bühne bereits: Im vergangenen Jahr stand er als "Hauptmann Phöbus" in "Notre-Dame" selbst als Schauspieler darauf - in diesem Jahr ist er zurück. Und zwar als Regisseur, Komponist, Musiker und Darsteller. Seine Bühnenfassung von "Das kleine Gespenst" nach dem Kinderbuch von Otfried Preussler begeistert derzeit Kinder und Erwachsene gleichermaßen bei den 72. Bad Hersfelder Festspielen.
Oliver Urbanski mit seiner Hauptdarstellerin Sophie Euskirchen.
Als er erfuhr, dass Festspiel-Intendant Joern Hinkel noch keinen Regisseur für "Das kleine Gespenst" im Petto hatte, zeigte Oliver Urbanski großes Interesse an dieser Aufgabe. "Es ist eine tolle Geschichte, die bereits Generationen von Menschen begeistert hat und ihnen ans Herz gewachsen ist", sagt Urbanski im Interview mit OSTHESSEN|NEWS. "Es ist toll, die Geschichte des kleinen Gespenstes nachzuerzählen, das seinen ganzen Mut zusammennimmt, um neue Erfahrungen zu machen und aus seiner Komfortzone herauszukommen."
Das erste Kinderstück
"Es ist mein erstes Kinderstück", erzählt der Regisseur. "Ich wollte die Komödie in der Geschichte herausarbeiten. Mit einem Erklärbär-Theater wäre ich falsch beraten gewesen", ist er sicher. Alle Figuren sollten "echte Menschen mit echten Gefühlen" sein. Daran hat sich das gesamte Team beteiligt und Urbanski ist es wichtig, dass sich Kinder als Zuschauer ernst genommen fühlen. "Theater soll die Menschen emotional berühren."
Seit Januar dieses Jahres beschäftigt sich Urbanski mit dem Stück, denn "ich liebe es, vorbereitet zu sein". Dazu gehörte auch, dass der viel begabte Musiker, der Klavier, Akkordeon, Saxofon, Querflöte und Gitarre spielt, eigene Songs schrieb, die "Das kleine Gespenst" letztendlich zu einem Musical machen. "Ich bin dem Schlagzeuger Sebastian Merk und dem Bassisten Oliver Potratz sehr dankbar. Mit ihnen erschaffen wir Klangwelten", sagt der sympathische Regisseur. Hinzu kommt die vierköpfige Blechbläsergruppe aus Bad Hersfeld, die Hinkel dem Regisseur nach deren Auftritt im "Buchcafé" vorgeschlagen hat.
Szene aus "Das kleine Gespenst".
"Es hat Spaß gemacht, Songs für die Figuren und die Situationen zu erfinden. Ich habe die Musik, für die bereits besetzten Schauspielerinnen und Schauspieler geschrieben." Dabei herausgekommen sind Blues-Rhythmen, Balladen, Indie-Pop, ein Tango und vieles mehr. "Ich mag melodiöse Songs. Mit ihnen kann man sehr gut Geschichten erzählen." Die Musik - beispielsweise Urbanski beim Säge-spielen - hat auch großen Einfluss darauf, ein bisschen Grusel-Feeling in das Stück zu bringen. Er selbst begleitet die Aufführungen mit seiner Band am Klavier.
Auf gemeinsamer Entdeckungsreise
Urbanski mit seine Band auf der Festspielbühne.
Doch das diesjährige Familienstück besteht nicht nur aus Musik. Das Ensemble hat Oliver Urbanski selbst ausgesucht. Er sei kein Regisseur, der jede Aktion vorgebe, sondern er habe alle Darsteller "ihre Rolle selbst erfinden lassen". "Die Entstehung des Stückes war eine gemeinsame Entdeckungsreise", sagt der Regisseur. Er lobt das gesamte Ensemble, doch von Sophia Euskirchen als Gespenst ist er besonders begeistert: "Sie ist eine sehr intelligente Spielerin, sehr emotional. Ich wollte ihr bei den Proben nicht im Weg stehen", sagt er mit einem Lachen.
Doch auch die Qualitäten des restlichen Ensembles vergisst er im Interview nicht zu erwähnen: "Alle haben Energie und Liebe in ihre Figuren gesteckt und alle harmonieren toll miteinander", schwärmt er. Herausfordernd seien die häufigen Kostümwechsel, denn Nele Neugebauer, Peter Englert, Georgios Tsivanoglou, Mathilda Maack und Till Raskopf spielen bis zu sechs verschiedene Rollen. "Ohne die super Arbeit der Dresserinnen und Dresser hinter der Bühne wäre das gar nicht möglich", so Urbanski. Und auch Choreograf Christoph Jonas habe einen großen Anteil am Gelingen der Produktion gehabt.
Beim Säge-spielen für gruselige Klänge.
Jonas war es auch, der viel mit den Kindern der Theater-AG zusammengearbeitet und deren Tänze einstudiert hat. Die Arbeit mit den Kleindarstellern, wie Urbanski sie statt "Statisten" lieber nennt, sei ein Erlebnis gewesen. Einige kannte er bereits von "Notre-Dame". "Sie spielen die kleinen Rollen ganz toll. Ein Beispiel: Christopher Seban (der Feuerwehrmann mit dem Blaulicht auf dem Helm), wächst als Antiheld über sich hinaus, um das vermeintlich in den Brunnen gefallene Kind zu retten. Und auch Lennart Fink, der mit einer Blume in der Hand auf seine Verabredung wartet, erzählt eine eigene Geschichte", so der Regisseur.
Beglückende Arbeit mit zwei Schulklassen
Die Arbeit mit den Kindern bezeichnet Urbanski als "beglückend". Zweimal pro Woche habe man jeweils drei Stunden Tänze und Choreografien geprobt. "Die Freude am Gelernten wächst mehr und mehr. Inzwischen spielen die Kinder wie richtige Schauspieler von alleine los", freut sich Urbanski. Da zwei Schulklassen beteiligt waren, konnte der Regisseur anhand der jeweils zuschauenden Klasse ablesen, wie Kinder auf das Geschehen auf der Bühne reagierten. "Das war wie ein Seismograf", sagt Urbanski. "Es ist toll, eine Schule und Lehrkräfte zu haben, die Kindern beibringen, was zu einem sozialen Gefüge wie einem Theaterensemble gehört."
Inmitten des Ensembles beim Schlussapplaus.
In vier Wochen Probenzeit, bei denen vor allem vier intensive Probentage vor der Premiere die wichtigsten waren, entstand das rund eineinhalbstündige Stück. "Alle haben an einem Strang gezogen", freut sich Oliver Urbanski. Neben den Darstellern und Musikern trugen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Bühnenbild, Kostümen und Maske dazu bei, das Stück zu einem Erfolg zu machen. "Ich bin auch Joern Hinkel dankbar, dass er Kindertheater auf die große Bühne bringt und uns die Möglichkeiten dazu gegeben hat. Es ist wichtig, zukünftige Theaterbesucher früh abzuholen", so Urbanski.
Neuauflage in 2024?
"Wir hätten gerne mehr Aufführungen gespielt", bedauert Urbanski. Denn der letzte Vorhang für "Das kleine Gespenst" fällt schon am 23. Juli. Ob es im kommenden Jahr vielleicht erneut auf dem Spielplan steht, weiß niemand. Aber: "Das Kind ist geboren. Und es würde mich interessieren, wie es älter wird", sagt Oliver Urbanski metaphorisch. Übrigens: Restkarten für die noch anstehenden Aufführungen gibt es auf der Website der
Bad Hersfelder Festspiele. (Christopher Göbel) +++
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