Gioia Osthoff singt und spielt Polly Peachum in "Die Dreigroschenoper" bei den 73. Bad Hersfelder Festspielen. - Fotos: Christopher Göbel

BAD HERSFELD Tribünen-Talk (7)

Gioia Osthoff, selbstbewusst-schlau-gerissene Polly in "Die Dreigroschenoper"

Künstlerische VitaGioia Osthoff geboren im Schwarzwald, ist in in Ecuador, Südamerika aufgewachsen. Von 2017 bis 2021 war sie festes Ensemble Mitglied am Theater in der Josefstadt in Wien. Unter anderem war sie hier als Anja in Der Kirschgarten, Birgit in Magic Afternoon und in der Komödie Monsieur Pierre geht online als Flora zu sehen. Es folgten Engagements ans Theater Freiburg, wo sie unter anderem in der Regie von Intendanten Peter Carp in Am Ende Licht die Rolle der Ashe verkörperte. Gioia Osthoff arbeitet außerdem als Synchronsprecherin für Realfilm, Zeichentrick und Anime. Die Dreigroschenoper ist ihre zweite Zusammenarbeit mit Regisseur Michael Schachermaier. 2021 war sie als Lisbeth in seiner Inszenierung von Das kalte Herz am Theater Freiburg zu sehen. +++

18.07.24 - Gioia Osthoff spielt Polly Peachum in "De Dreigroschenoper" bei den Bad Hersfelder Festspielen 2024. OSTHESSEN|NEWS stellt in dieser Saison wieder einige Festspiel-Darstellerinnen und -Darsteller in Kurz-Porträts mit jeweils sechs Fragen vor.

1. Haben Sie etwas mit Ihrer Rolle gemeinsam?

Dieselbe Anziehungskraft die Mackie Messer, seine Gang und die düstere Welt von Soho auf Polly ausübt, hatte die Magie der Bühne auf mich. Bereits mit siebzehn hab auch ich entschlossen dafür mein Elternhaus zu verlassen. Das war ein großer Schritt, von Ecuador ganz allein nach Berlin zu ziehen. Es ist diese Zielstrebigkeit, die mich an dieser Rolle interessiert und die mich mit ihr verbindet. Polly schafft es, sich in dem Stück auch noch ein zweites Mal zu emanzipieren und diesmal ist es ein fast noch größerer Schritt. In der von Männern dominierten Welt, der Gang von Mackie Messer, gibt Polly bald die souveräne Anführerin. Das ist doch eine tolle Frauenfigur, die inspiriert.

2. Wie entspannen Sie sich, wenn Sie nicht auf der Bühne stehen?

Nach einer intensiven Probenphase und Premiere ist es oft das Schönste, Menschen zu treffen, die so gar nichts mit meinem Beruf zu tun haben. Da wird die Welt sofort wieder größer und der Fokus verschiebt sich - das tut gut. Meine wahre Aufladestation ist aber die Natur. In einen See zu springen, Klettern zu gehen oder einfach nur zu wandern. Dabei tanke ich auf und komme wieder zurück zu mir selbst.

3. Eine Anekdote aus Ihrer Bad Hersfelder Festspielzeit?

Mein aufregendstes Theaterereignis war hier in Bad Hersfeld. Und zwar am Tag unserer Premiere. Besser gesagt - zwei Stunden vor unserer Premiere: Ich sitze gerade in der Maske, versuche mich zu entspannen, denn vor einer Premiere ist man ja besonders aufgeregt, da kommt eine Kollegin herein und fragt, ob wir wissen, dass zwei unserer Musiker im Stau stecken, mehr noch, dass sie es wohl nicht mehr rechtzeitig schaffen werden. Wir hatten sechs Wochen lang geprobt, jede Nuance geübt. Die beiden Musiker spielen allein über acht verschiedene Instrumente in unseren Vorstellungen. Mir ist das Herz in die Hose gerutscht. 1.300 Menschen sollten sehen und hören, wie wir ohne eine einzige Probe völlig neue musikalische Konstellationen meistern müssten. Die "Dreigroschenoper" als eine Art Jam Session? Und da ging es auch schon los. Der Abend war schlussendlich keineswegs überschattet von dem Unglück. Die Anwesenden der Band spielten um ihr und unser Leben und haben grandios improvisiert. Wie Kinder, die sich an der Hand nehmen, um gemeinsam ins kalte Wasser zu springen, haben wir uns einfach aufeinander eingelassen. Es ist schön, was möglich ist, wenn die Angst nicht im Vordergrund steht, sondern der Zusammenhalt und das Vertrauen ineinander. Bach der Pause war die Band dann vollständig …

4. Was ist Ihr Lieblingsessen und warum?

Ich liebe gute, vegetarische Küche. Mit sieben habe ich beschlossen kein Fleisch mehr zu essen. Früher war es immer sehr schwierig, etwas zu finden. In den Restaurants gab es eigentlich immer nur Beilagen. Inzwischen hat sich das zum Glück geändert. Auf meiner Weltreise habe ich so unglaublich tolle und vielseitige Gerichte probieren können. Sei es auf Sri Lanka, das frische Rice and Curry, die exotischen Sommerrollen in Vietnam oder eine unglaubliche Ramen Suppe in Japan. Ich bin einfach nicht der Typ für nur eine Lieblingsspeise, dafür gibt’s viel zu viele gute Rezepte auf dieser Welt.

5. Was wäre Ihr Alptraum-Moment auf der Bühne?

Es gibt sie tatsächlich, die Theater Albträume. Meistens passieren sie zum Glück nur nachts. Da steht man plötzlich vor verschlossenen Türen, bekannte Wege kriegen unbekannte Gabelungen und man irrt wie in einem Labyrinth umher und findet die Bühne nicht, bis man plötzlich schweißgebadet aufwacht. Einer dieser Träume war besonders kreativ. Mein Unterbewusstes stellte mich auf die Bühne in einem historischen Kostüm. Weder wusste ich, welches Stück ich spielte, noch welchen Text ich sprechen sollte. Offenbar war ich für eine Kollegin eingesprungen. Plötzlich: Stille. Alle starren mich an. Es war mein Einsatz. Die letzten Sätze gerade noch in meinem Ohr. Mit Schrecken stelle ich fest, nicht nur das Kostüm ist historisch, sondern das Stück ist in Sonetten - also in Reimen geschrieben. Man stelle sich das vor. Da zu improvisieren kann nur eine verhängnisvolle Angelegenheit sein. Dieses eine Mal hatte ich Glück, denn der Alptraum nahm eine gute Wendung für mich. Tatsächlich gelang es mir auf shakespeareisch Reime zu extemporieren und die Eingebungen sprudelten plötzlich aus mir raus. Beim Aufwachen musste ich jedoch laut auflachen und bin immer noch froh, dass nur ich selbst das miterleben durfte.

6. Was war Ihr schönster Moment auf der Bühne?

Weil ich diesen Moment noch so nahe habe, kommt mir unsere Premiere hier in Bad Hersfeld in den Sinn. Standing ovations bei einer geschafften Premiere gehen einfach tief unter die Haut, da kann man sagen, was man will. Und bei 1300 Zuschauern ganz besonders. Es entfachte sich eine kleine Party, sowohl auf der Bühne, als auch im Zuschauerraum und gemeinsam zu singen, zu tanzen, und kurz dieser Freude Raum zu geben, das war einfach ein ganz besonders schönes Erlebnis. (cdg) +++

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