Handballer durch und durch, Fans der deutschen Nationalmannschaft: die Fliedener Norbert (links) und Martin Best - Fotos: Mathias Schmidt

FULDA OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch (85)

Norbert und Martin Best: Drei Meter Schnee, Taxifahrten Katar, Fliedener Jungs

11.01.24 - Sie sind Handballer durch und durch. Sie vertreten den TV Flieden durch und durch. Und sie reisen in der ganzen Welt herum, um mit der deutschen Handball-Nationalmannschaft mitzufiebern. Sie anzufeuern und mitzuleiden. Die Rede ist von Norbert und Martin Best. Im O|N-Sportgespräch lassen sie ihre vielen gemeinsamen Trips, verbunden mit vielen Erfahrungswerten, hochleben. Sie sprechen über Höhepunkte, gewonnene Freunde - und natürlich über ihren TV Flieden. 

Im OSTHESSEN|NEWS-Sportgespräch lassen wir immer Menschen aus verschiedenen Sportarten der Region zu Wort kommen. Wir erzählen die Geschichte hinter der Geschichte. Heute folgt Teil 85 der Serie.

O|N: Martin, Du kannst dieses Mal nicht dabei sein mit Deiner Trommel. Aber Dein Bruder Norbert?

Norbert Best: Ja, ich bin zehn Tage dabei. In der Haupt- und Endrunde. Vom 18. bis 28. Januar. Das ist ja auch der Tage des Endspiels. 

O|N: Seit Mittwochabend läuft ja die Heim-EM in Deutschland. Die DHB-Auswahl empfing im Eröffnungsspiel die Schweiz - vor der Weltrekordzahl von mehr als 50.000 Zuschauern. Was erwartet ihr denn von der deutschen Mannschaft?

Martin Best: Es ist eine junge und wilde Truppe - ähnlich der von 2016 in Polen, als Deutschland Europameister wurde. Die hatte keiner auf dem Schirm. Das macht manchmal eine Menge aus. 

Norbert Best: Mir wäre der Weltekord egal. Gegen die Schweiz ist ein Sieg wichtig. Egal wie. Dann kommen wir in den Flow rein. 

O|N: Ihr habt ja als Fans und Unterstützer der Nationalmannschaft fast die ganze Welt bereist. Norbert, wann warst Du denn zum ersten Mal dabei?

Norbert Best: 1995 bei der Weltmeisterschaft auf Island war ich erstmals dabei. Damals habe ich nur ein paar Bundesliga-Spieler und den Trainer gekannt - heute kenne ich eigentlich alle und bin mit denen per Du. Andy Wolff, den Torwart der deutschen Mannschaft, kennen ich, seitdem er 17 ist. Durch meinen guten Kontakt zum TV Großwallstadt sind mir auch Kurt Klühspies, die Roth-Brüder Michael und Uli oder Bernd Roos, als Rechtsaußen einstiger Torschützenkönig des Teams, sehr nahe. Apropos Island: Ich habe da schon interessante Leute kennengelernt. Natürlich haben wir dort auch Ausflüge gemacht.

Martin Best: Ausflüge machen wir immer. Das Rahmenprogramm und das Kulturelle gehören dazu. 

O|N: Was habt Ihr denn zusammen erlebt? Wie oft wart Ihr Seite an Seite unterwegs?

Martin Best zählt auf: 2004 EM in Slowenien (Deutschland wurde Europameister), 2005 WM in Tunesien ("Da habe ich die Trommel gekauft"), 2006 EM in der Schweiz, 2007 die legendäre WM in Deutschland (von dort stammt Norberts Trikot, das er bei diesem Gespräch trägt), 2008 EM in Norwegen, 2009 WM in Kroatien, 2010 EM in Österreich, 2011 WM in Schweden, 21015 WM in Katar - danach waren wir nicht mehr zusammen unterwegs; ich war allein bei Handball-Großereignissen. Wie 2016 bei der EM in Polen, 2017 der WM in Frankreich, 2018 der EM in Kroatien, 2019 der WM in Deutschland und Dänemark, 2020 der EM in Norwegen, Schweden und Österreich (erstmals mit 24 Mannschaften) oder 2023 der WM in Polen und Schweden 

O|N: Was war das Besondere an Euren Ausflügen?

Martin Best: Die Atmosphäre in den Hallen ist einfach genial. Sie ist friedlich. Du triffst Dich mit Leuten, die Du immer wieder siehst.

Martin Best: Wir haben zusammen gefeiert. Wir haben zusammen getanzt. Die Spielernähe ist einfach unglaublich. Ein Sehr familiäres Verhältnis. Wir hatten nie Probleme.

O|N: Was waren denn Eure Höhepunkte?

Martin Best: Zum Beispiel 2004 in Slowenien. Der Krieg dort war gerade vorüber. Vor Ort gab es ein riesiges Polizeiaufgebot. Als Kroatien gegen Serbien gespielt hat. Die Kontrollen waren ganz extrem. Wir mussten eine zweite Kontrolle über uns ergehen lassen. Auch eine dritte. Die Serben mussten von der anderen Seite rein; es war ja nur ein kleines Häufchen. Da gab es jedenfalls mehr Polizisten als Fans. Außer diesem Spiel war aber alles friedlich. Wenn die Dich als Deutschen erkannt haben, waren die happy.

O|N: Was habt Ihr sonst noch als besonders empfunden?

Martin Best: Norwegen 2008. Die Fahrt von Bergen nah Trondheim ist unvergessen. Morgens um 5 Uhr haben wir Werbebanner abgehängt und mitgenommen ...

Norbert Best: Das war jetzt kein Verbrechen. Aber da gab es ja ein Schneechaos. Mit viel Neuschnee. Von Häusern hast du nur noch den Kamin gesehen. So etwas habe ich noch nie erlebt. Das war sensationell. 

O|N: Noch etwas?

Höhepunkte gibt's so viele. Auch Tunesien in 2005 gehört dazu. Ein saukalter Winter. Vor Ort war keine Bewirtschaftung, nichts. Die Leute dort sagten, das war der erste Schnee seit langer Zeit. Die Spieler haben sich ihre Hände in warme Kübel gehalten.

Martin Best: Es gab viele Erlebnisse. Über die Taxifahrten in Katar hätte ich ein Buch schreiben können. 

O|N: Ihr seid Brüder, was ist eigentlich der Unterschied zwischen Euch?

Norbert Best: Ich bin gern unter den Spielern. In ihrer Nähe. Mir ist das Sportliche sehr wichtig - Martin hingegen das Umfeld. Die Fans. Die Stimmung. 

O|N: Was ist der Unterschied zwischen der Fan- und Zuschauerkultur in Deutschland und in anderen Ländern?

Martin Best: In Deutschland hast Du schon eine andere Fankultur drumherum. Du triffst Dich mit Leuten. Das ist in anderen Ländern ziemlich dünn und mager - nicht in der Halle, wohlgemerkt.

O|N: Gibt es irgendetwas, über das Ihr hinterher gesagt habt, das hätten wir uns sparen können? Oder ist es so, dass Ihr sagt, alles hat seinen Reiz?

Norbert Best: Es ist immer anders. Wir haben immer was erlebt. Und neue Erkenntnisse gesammelt. Land und Leute kennengelernt.

Martin Best: Man lernt ja auch von anderen Fans. Zum Beispiel setzen sich die Deutschen dahin, wo auch ihre Platzkarten sind. Die Schweden auch. Die Dänen organisieren eigene Blöcke. Das kriegen die Deutschen nicht hin.

O|N: Ihr fliegt ja nicht nur wegen Handball zu einer WM oder EM, oder?

Martin Best: Handball ist natürlich der Auslöser. Aber das Drumherum ist schon sehr wichtig. Das nehmen wir gerne mit. Du triffst Dich mit Freunden aller möglichen Nationen. 

O|N: Was bedeuten die Ausflüge für Euch: Was macht sie aus?

Martin Best: Für mich ist das wie Winterurlaub. Ich fahre kein Ski. Ich war zweimal in meinem Leben im Winterurlaub, zum Beispiel in Flachau. Aber wenn es heißt Handball, da fahre ich halt hin.

O|N: Die Flagge des TV Flieden müsste ja weltbekannt sein. Bei Fernsehübertragungen ist sie immer gut sichtbar angebracht. Was verbindet Ihr damit?

Martin Best: Stolz. Ein bisschen Nationalstolz. Den TV Flieden und den Handballsport in der Welt zu repräsentieren. Leider kannst du sie nicht überall aufhängen. 

O|N: Zum TV Flieden. Eure Erste spielt jetzt in der Bezirksoberliga. Würdet Ihr nicht gern eine Klasse höher spielen?

Martin Best: Das ist so eine Gratwanderung. Wenn du nach oben willst, kannst du kaum auf Spieler aus der eigenen Reihe setzen. So sind bei uns - bis auf einen - alles Fliedener. Der Eine kommt aus dem Gießener Raum und studiert in Fulda Lehramt. Der Rest, das sind alles Leute, die fest in Flieden wohnen.

Norbert Best: Ich würde, wenn es vom Umfeld her passt, gerne eine Klasse höher spielen. Aber die Frage ist: Was will der TV Flieden? Für die Stimmung und die jungen Leute ist es so besser. Du kennst halt alle. Das sind alles Fliedener Jungs.

O|N: Wer war bei Euch in Flieden schon zu Gast?

Beide: 1993 waren die 78er-Weltmeister da - zur Einweihung der Kreissporthalle. Der TV Großwallstadt war zwei- oder dreimal da, Wetzlar dreimal. Auch die Nationalmannschaft von Kuwait. Und Horst Spengler, als der TVF ein Jugendcamp durchführte.

O|N: Habt Ihr in Flieden eigentlich eine Art Anlaufstelle, wo ihr Euch trefft? Martin, Du bist ja 1. Vorsitzender des Fördervereins ...

Martin Best: Die Kultkneipe "Bünesch", wo wir uns immer getroffen haben, ist ja zum 1. Juli geschlossen worden. Wir haben das jetzt so gelöst, dass die Kneipe nach Spielen öffnet - den Verkauf aber wir übernehmen. Mit drei Mannschaften: Erste Herren, zweite Herren und Damen. Wir haben einen Mietvertrag geschlossen für den Abend,  mit dem Verkauf wechseln sich die Mannschaften ab.

O|N: Ein in der jüngeren Vergangenheit oft besprochenes Thema: Was haben Handballer den Fußballern voraus?

Norbert Best: Das Körperliche. Vom Einsatz her. Du musst mal den Einsatz sehen über 60 Minuten. 

Martin Best: Auch die Diskussion mit Schiedsrichtern. Die Fankultur ist 'ne andere. Und die der Zuschauer auch. Die echten Handball-Zuschauer haben alle mal Handball gespielt. Klar gehen sie alle mit bei den Spielen. Sie sind aber etwas lockerer als die beim Fußball. Sicher wird beim Handball auch mal reklamiert, aber kurz - und dann geht's weiter. Beim Fußball ist das anders.

Schön ist: In Flieden siehst du zunehmend mehr Fußballer. Das Verhältnis zwischen dem SV Flieden und dem TV Flieden ist sehr gut. Die verstehen sich alle gut. (wk)

Norbert und Martin Best, vielen Dank für das Gespräch. 


Zur Person

NORBERT BEST ist 73 Jahre alt und ist ein "typisches TV Flieden-Kind", wie er sagt. Über das Turnen und die Leichathletik kam er zum Handball. "Ich kann noch die Rolle und mach' einen Handstand auf drei Bierdeckeln", fügt er hinzu. Das brachte ihm später Vorteile als Kreisläufer ein: Er galt als schnell und beweglich. Er spielte noch auf dem Großfeld Handball und stieg mit dem TV Flieden Anfang der 1970er-Jahre von der Kreisklasse bis in die Bezirksklasse auf. 1973/74 spielte Norbert Best in der hessischen Junioren-Auswahl. Ehe es ihn für ein Jahr zu Borussia Fulda zog - hier spielte er in der Regionalliga mit Schaus, Seidel oder Ivancic zusammen. Danach kehrte er nach Flieden zurück. Zu Glanzzeiten des TV Flieden - Trainer in dieser Zeit war hauptsächlich Lothar Höller - spielte er mit dem Verein in der damaligen Verbandsliga. Nach seiner aktiven Laufbahn füllte er einige Ämter beim TVF aus: Sportlicher Leiter oder stellvertreender Abteilungsleiter - zusammen mit Ehefrau Anneliese rief er den Förderverein ins Leben. Auch in der Zweiten, der Dritten und den Alten Herren spielte er - Letzteres auch bei Borussia Fulda.
Beruflich hatte er die Karosseriebau-Firma seines Vaters übernommen. Heute leitet sie sein Sohn Marco.

MARTIN BEST ist mit 66 etwas jünger und trat als aktiver Handballer nicht so umfangreich in Erscheinung. C-, B- und ein bisschen A-Jugend - dann genoss der Beruf Vorrang. Er absolvierte die Fachoberschule und studierte in Rüsselsheim Maschinenbau mit dem Schwerpunkt Fahrzeugtechnik. Beruflich war er viel unterwegs, in Ingolstadt oder München. Ab 1995 war er fest in Rüsselsheim engagiert: als Niederlassungsleiter. Davor arbeitete er von Fulda aus - für Audi, VW und verschiedene Zulieferer - als Projektleiter. "Ich bin Vereinsmensch", fügt er hinzu: Martin Best gründete die Kirmestanzgruppe in Flieden und auch den Karnevalsverein. Über den Elferrat und den Karneval sowie die verwandschaftliche Anbindung fand er wieder den Weg zum Handball. 
Sein erster internationaler Fan-Auftritt: 2004 uín Slowenien.

Übrigens: Anfang der 1970er-Jahre fand in Flieden ein interessanter Handball-Vergleich statt: Die Verwandtschaft der Best-Sippe mütterlicherseits spielte gegen den Rest der Ersten ...+++

 

 

 

 



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