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Angelika Reinhardt hat Ihren Traumberuf entdeckt: Logopädin. - Fotos: Toni Spangenberg

FULDA Profis bei der Arbeit (6)

Mit Logopädin Angelika Reinhardt im Gespräch

20.03.17 - Bürokaufmann, Sanitäter oder doch lieber Logopäde? In Deutschland gibt es 328 anerkannte Ausbildungsberufe. Dazu kommen unzählige Studiengänge. Berufseinsteiger haben die Qual der Wahl. OSTHESSEN|NEWS hilft Ihnen dabei den Überblick zu behalten und stellt Ihnen ausgewählte Berufe vor. Angelika Reinhardt erklärt, warum der Beruf der Logopädin der richtige für Sie sein könnte.

Guten Tag Frau Reinhardt. Was bewegt Sie dazu, als Logopädin zu arbeiten?

Ich habe immer gern mit Menschen zu tun. In meinem Beruf möchte ich Menschen helfen. Außerdem interessiere ich mich sehr für die Themenfelder Stimme und Kommunikation.

Wie sieht Ihr typischer Arbeitsalltag aus?

Dreimal pro Woche therapiere ich vormittags in einer Einrichtung für Kinder in Fulda. Ich komme dort also als externe Logopädin hin. Zur Mittagspause und für die Nachmittagspatienten fahre ich an meinen Arbeitsplatz, die Pusteblume Therapiehaus GmbH. Zusätzlich fahre ich zu Patienten zum Hausbesuch, die zum Beispiel aufgrund eines Schlaganfalls eine Lähmung aufweisen und daher nicht in unsere Praxis kommen können. Die logopädischen Therapien finden meist im 45-Minuten-Takt statt. Je nach Krankheitsbild und Störungsgrad können Frequenz und Dauer der Therapieeinheit unterschiedlich sein. Neben der Arbeit mit den Patienten kommt unser neunköpfiges Logopädie-Team von vier verschiedenen Standorten zwei Mal im Monat zu einer gemeinsamen Teamsitzung zusammen, bei welcher wir Fallbeispiele besprechen – also uns fachlich austauschen – und natürlich auch Organisatorisches klären.

Wenn Sie Kinder zur Therapie haben – wie kann eine mögliche Kindertherapie dann aussehen?

Reinhardt arbeitet beispielsweise häufig mit dem Keyboard.

Ein häufiges Störungsbild sind Aussprachestörungen wie beispielsweise der Sigmatismus, also das Lispeln. Diese gibt es in verschiedenen Ausprägungen. Wenn dieser interdental, also mit der Zunge zwischen den Zähnen auftritt, dann kann man kräftigende Mundmotorikübungen machen. Zudem muss das Kind erkennen, wie es den Laut "s“ bildet. Kann das Kind den Laut korrekt artikulieren, erarbeitet man mit dem Kind den Ziellaut auf den weiteren Ebenen Schritt für Schritt. Das "s“ wird in der Silbe, im Wort, im Satz und final in der Spontansprache geübt. Wir fangen immer klein an, sodass das Kind die Möglichkeit hat, diesen neuen Bewegungsablauf in die Spontansprache zu übernehmen.

Wie kann eine Übung dazu aussehen?

Beim Sigmatismus und auch bei anderen Aussprachestörungen wird immer das entsprechend neue Bewegungsmuster sehr oft wiederholt. Man kann sich das wie Vokabeln-Lernen vorstellen. Die Kinder bekommen auch Hausaufgaben, die sie jeden Tag in ihrem Alltag üben sollen, um das Gelernte zu festigen. Das ist sehr wichtig. Wir haben dazu abgestimmtes Wortmaterial und Arbeitsblätter in Bilderform für die Kinder, die noch nicht lesen können. Die Therapiemethode wird also individuell an das Alter, die vorliegende Störung sowie den Störungsgrad angepasst. Besonders Kinder lernen neue Laute am besten auf eine spielerische Art und Weise, sodass der Spaß bei der Therapie nicht zu kurz kommt.

Haben Sie das Gefühl, dass sich etwas in der Logopädie, seitdem Sie damit angefangen haben, verändert hat?

Es ist tatsächlich so, dass die Kinder heutzutage bezüglich der Sprachentwicklung etwas hinter der Norm zurückbleiben. Ich kann nicht genau festlegen, woran das liegt. Ein Grund sind vielleicht die Medien. Kinder schauen viel Fernsehen und nehmen sehr viele Vokabeln dabei auf; entwickeln einen großen passiven Wortschatz. Diesen Wortschatz wenden sie aber nicht in dem Maße wie früher an. Sie sind also nicht oft im Dialog mit anderen Kindern und Erwachsenen und üben ihre sprachlichen Fähigkeiten daher nicht aktiv. In der Zukunft gibt es durch den demographischen Wandel mehr ältere Patienten, die häufig Schluckstörungen und Sprachstörungen durch einen Schlaganfall aufweisen. Und die Zahl der Kinder mit Migrationshintergrund, die uns zur Sprachförderung brauchen, nimmt zu. Durch Vorträge, zum Beispiel in Kindergärten, klären wir Eltern und Angehörige zum Thema Sprachentwicklung und Fördermöglichkeiten auf. Es ist beispielsweise nicht zielführend, dass die Mutter in gebrochenem Deutsch mit den Kindern spricht. Sie sollte besser ihre Muttersprache sprechen. Des Weiteren biete ich zusammen mit meiner Kollegin Lorena Heinz Stimmhygieneseminare an, wobei gezeigt und geübt wird, auf welche Art und Weise man seine Stimme nachhaltig gesund hält. Dies ist besonders für Vielredner sinnvoll.

Ich persönlich habe mich seit meiner Ausbildung, die ich 2008 begonnen habe, auch weiterentwickelt, indem ich regelmäßig an verschiedenen Fortbildungen teilgenommen habe, um neue spezifische Therapiemethoden kennenzulernen. Dabei konnte ich feststellen, dass erlernte Inhalte aus der Ausbildung bereits überholt sind. Dementsprechend habe ich meine Therapien dem aktuellen Stand angepasst. Zusätzlich zu den Fortbildungen können wir uns in Fachzeitschriften und deren Internetseiten informieren.
 
Wie häufig muss man sich an neue Therapiemethoden gewöhnen?

Bei diesem Spiel geht es darum, die Blättchen mit dem Strohhalm anzusaugen, um die ...

Natürlich gibt es nicht ständig neue Therapiemethoden. Diese werden anhand neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse entwickelt und evaluiert. Durch die Recherche verschiedener Studien weiß ich, welche Methode nachweislich die beste ist. Zum Beispiel habe ich mir durch eine Weiterbildung und viel Training die Schluckuntersuchung (FEES = Fiberendoskopische Evaluation des Schluckens) angeeignet und kann nun in einem unserer Partnerkrankenhäuser die Schluckuntersuchung mit dem Endoskop transnasal, also durch die Nase, durchführen. Diese Diagnostik gibt Aufschluss darüber, wie effektiv ein Patient schluckt.

Müssen Patienten lang auf Termine warten? Wie ist die Nachfrage?

Wir haben einen vollen Plan und tun alles dafür, dass neue Patienten zeitnah einen Termin erhalten. In der Regel können wir Termine innerhalb von zwei Wochen anbieten.

Was zeichnet Ihren Beruf aus? Was macht Ihnen am meisten Spaß?

Er ist sehr vielfältig und spannend. Man behandelt Sprechstörungen, Sprachstörungen, Stimmstörungen, Schluckstörungen und Hörstörungen. Meine jüngste Patientin ist drei Jahre alt, mein ältester Patient ist 96. Dabei ist es immer wieder toll, sich auf jeden Patienten neu einzustellen. Dies ist natürlich notwendig, da jeder Patient und jedes Störungsbild individuell sind. Wenn der Patient am Ende zufrieden mit dem Therapieergebnis ist, macht mir die Arbeit natürlich viel Spaß.

War das schon immer Ihr Traumberuf?

Ich habe mich nach dem Abitur direkt für den Beruf der Logopädin entschieden und dieser Beruf wurde dann zu meinem Traumberuf.

Wie sieht die Ausbildung zur staatlich anerkannten Logopädin aus?

Mittlerweile gibt es zwei Ausbildungsformen: zum einen an der Berufsfachschule und zum anderen als Hochschulstudium. Ich selbst habe zuerst die Ausbildung zur staatlich anerkannten Logopädin absolviert und ein Bachelorstudium of Science in Vollzeit angeschlossen. Ab April beginne ich berufsbegleitend meinen Master of Science in Logopädie.

Finden Sie, dass Ihr Beruf in Hinblick auf die intensive Ausbildung fair bezahlt wird?

Wir sind als Praxis abhängig von den Krankenkassensätzen. Diese wurden in den letzten Jahren leider wenig erhöht. Im Krankenhaus oder Klinikum wird man nach dem TVöD bezahlt.

Ist es problematisch, junge Leute für den Beruf zu begeistern? Was würden Sie raten?

Prinzipiell habe ich wahrgenommen, dass das Interesse an diesem Berufsbild stetig steigt. Die Anzahl an Berufsfachschulen für Logopädie sowie die Zahl an Studiengängen ist im Wachstum. Das zeigt auch den erhöhten Bedarf an Logopäden im Gesundheitswesen. Da man in diesem Beruf häufig zu kranken Menschen Kontakt hat, bleibt es nicht aus, dass man auch Patienten mit schlimmen beziehungsweise degenerativen Diagnosen behandelt. Dabei muss man versuchen, diese Probleme nicht so sehr an sich heranzulassen. Anfangs fiel es mir schwer, die Probleme meiner Patienten nicht mit nach Hause zu nehmen und Berufliches und Privates zu trennen. Insgesamt gesehen, würde ich jungen Leuten raten, ein Instrument zu lernen oder im Chor zu singen, weil Musikalität ein großes Thema in diesem Beruf ist. Eine belastbare Stimme ist ein Muss. Man sollte kommunikativ und offen sein. Es ist wichtig, eigenverantwortlich und selbstständig arbeiten zu können.

Was war das schönste und das schlimmste Erlebnis für Sie in Ihrem Beruf?

Zum Glück ist mir noch nichts Negatives widerfahren. Ich hatte ein sehr schönes Erlebnis. Dieses war für mich persönlich mein erster austherapierter Stimmpatient. Ein junger Mann hatte eine psychogene Stimmstörung. Er vermied es, so zu klingen wie sein Vater und hat sich daher eine sehr hohe Stimme antrainiert. Am Ende der Therapie hatte er eine männliche, satte, tiefe Stimme. (Toni Spangenberg) +++

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